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Weinlesebilanz der Prädikatsweingüter

by Götz A. Primke

Der Jahrgang 2007 war ein heimlicher Super-Sommer für den Deutschen Weinbau und birgt vielversprechende Geschmackserlebnisse für die Weinliebhaber. Für viele der 200 Prädikatsweingüter Deutschlands war es die früheste Lese seit „Betriebsgedenken“. Die Trauben hatten zu diesem Zeitpunkt schon eine ungewöhnlich lange Vegetationsperiode hinter sich, die ihnen eine optimale Reife ermöglichte. Und, noch viel wichtiger, sie blieben bis zum Leseschluss gesund.

Nun gären aromatische Moste in den Kellern und Deutschlands Spitzenwinzer sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis: Spritzig frische Gutsweine, und beste Lagenweine versprechen den Weinliebhabern echte Entdeckungen und Geschmackserlebnisse sowie ausdrucksstarke Moste aus den Ersten Lagen. Die Erntemenge liegt ca. 30% über dem Vorjahr, jedoch nur leicht über dem langjährigen Mittel der VDP-Weingüter, die traditionell zugunsten der „Klasse“ auf „Masse“ verzichten.

Optimaler Vegetationsverlauf

Nach dem vorgezogenen Sommer im April war der eigentliche Sommer zwar durchschnittlich warm aber viel feuchter als in normalen Jahren. Alles in allem waren dies jedoch ideale, stressfreie Wachstums- und Entwicklungs-Bedingungen für die Reben. Die zu allen Zeiten optimale Wasserversorgung begründet eine hohe Mineralstoffeinlagerung in den Reben – Garant für komplexe Weine. Kühle Temperaturen, vor allem nachts, bilden stabile Fruchtsäuren und feinste Fruchtaromen in den Beeren.

Als Herausforderung sehen die Winzer das Auftreten von früher nicht gekannten Problemen wie Sonnenbrand, der die Beerenhaut beschädigt und damit die weitere Reife stoppt. Auch Schädlinge wie Rebzikaden, blattsaugende Insekten, die die Blätter zerstören, oder Eska, ein Pilz, der in wenigen Wochen die Rebstöcke absterben lässt und damit das Potenzial auch alter Reben zerstört, gilt es in den Griff zu bekommen. Insbesondere Ökobetriebe, im VDP überproportional vertreten, sind hier vor spezielle Herausforderungen gestellt. Die Güter melden für betroffene Weinberge teils bis zu 20% Schaden.

Lange Weinlese

So früh wie 2003, dem sogenannten Jahrtausendsommer, gingen die Trauben in die Reife. Folglich begannen die Regionen auch alle eins bis drei Wochen früher als normal mit der Lese. Im Gegensatz zur Blitzlese des Vorjahres zog sich die „entspannte“ Ernte jedoch bei gutem Wetter über fast 8 Wochen hin. Die Trauben am Stock waren aromatisch und gesund, jedoch teils unterschiedlich reif, so dass die Weinberge in bis zu vier Staffellesen von Hand geerntet wurden. Bei dieser Selektionsarbeit werden „frühreife“ Beeren geerntet, beschädigte und faule Beeren ausgelesen, und so den übrigen Trauben die Topreife ermöglicht. Ein Arbeitsaufwand, der für die Prädikatsweingüter, die auf Spitzeniveau arbeiten und Weine von herausragender Qualität erzeugen, zwar durchaus selbstverständlich ist, aber ungefähr doppelt so viele Lesetunden pro Hektar als bei normaler Handlese erforderlich macht.

Frühgelesene Trauben, z.B. Müller-Thurgau und Silvaner, wiesen in diesem Jahr eine sehr markige Beerenhaut und hohe Pektingehalte auf, wodurch sich eine geringe Saftausbeute ergab. Die anfangs recht hohen Säurewerte balancierten sich mit zunehmender Reife bestens aus. Eine obendrein optimale Nährstoffversorgung der Moste sorgt für eine zügige und reintönige Gärung.

Großartiges Weinspektrum

Eine interessante Feststellung äußert Hansjörg Rebholz (Pfalz): „Es wird in diesem Jahr „September- und Oktober- Weine“ geben. Bis Ende September hatten wir zwar schon hohe Zuckerwerte (und hohe Säure), aber die Trauben waren noch nicht „physiologisch reif“. Erst das Wetter vom 1. bis 3. Oktober, warm und feucht, brachte die Reife. Von da an schmeckten die Trauben und die Säure war normaler. Ich erwarte insbesondere von den „Oktoberweinen“ große Weine mit enormem Entwicklungspotenzial. Annegret Reh-Gartner, Reichsgraf v. Kesselstatt, bekräftigt diese Eindrücke: „Zunächst war viel Citrus im Spiel, später dann Cassis, reife Birne, Pfirsich.“

Schon jetzt haben die Moste einen intensiven Geschmack mit feinstem Fruchtsäurespiel. Das spricht für Weine mit einer komplexen Struktur. Und das bei nicht zu hohen Alkoholausbeuten, obgleich viele Winzer von Top-Mostgewichten sprechen: „Nichts unter 95° Öchsle!“ Gerhard Gutzler (Rheinhessen) schwärmt: „Ich kann mir die Spätburgunder in fünf Jahren vorstellen, einfach nur lecker mit Kraft und viel Typizität. Horst Kolesch vom Würzburger Juliusspital sieht neben den Burgundersorten, auch Silvaner und Rieslinge als die Gewinner des Jahrgangs. Und ergänzt: “Gute Lagen werden sich heuer ganz deutlich absetzen können.“

Edelsüße Spitzen

Das i-Tüpfelchen auf die perfekte Lese setzt eine Phalanx von Beeren- und Trockenbeerenauslesen mit herrlichen Fruchtsäuren wie sie in vielen Regionen seit Jahren nicht möglich war. Liebhaber und Sammler dieser edelsüßen Spitzen dürfen sich auf die traditionellen VDP-Versteigerungen freuen, wo die besten Weine alljährlich unter den Hammer kommen. Das zehnthöchste jemals in Deutschland gemessene Mostgewicht brachten 60 Erntehelfer des Weingut Wegeler in der Lage Rothenberg in Geisenheim ein: 21 Liter einer hochkonzentrierten Riesling Trockenbeerenauslese mit 312 Grad Oechsle. Doch etliche VDP-Weingüter pokern noch mit dem Wetter, um die Jahrgangskollektion mit einem raren Eisweine zu krönen.

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