Tunesien ist seit langem bei Deutschen Reisenden beliebt. Dennoch würden wir nicht behaupten, dass das Land touristisch überlaufen ist. Lokaler Charme trifft fast überall auf touristische Neugier. Unsere Co-Autorin Uwa Scholz hat das nordafrikanische Land bisher zweimal besucht und dabei verschiedene Regionen Tunesiens bereist. Der erste Besuch galt Ende September 2021 dem Ultramirage in der Sahara, der zweite im Mai 2023 der jüdischen Synagoge auf Djerba. Beide Trips waren mit kleinen Rundreisen verbunden, so dass sie relativ viel von Tunesien sehen konnte. In ihrer Beschreibung, von Nord nach Süd, wird sie euch einige Orte und Regionen vorstellen.
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Tunis – Die Hauptstadt von Tunesien
Tunesiens Hauptstadt hat einiges zu bieten. Eine wunderschöne Medina, Karthago, die Punischen Häfen und hübsche Viertel wie Sidi Bou Said.
„Carthaginem esse delendam“ heißt es nicht nur bei „Asterix als Legionär“, nein, so sagte angeblich schon Cato der Ältere im 2. JH vor Christi. Im Jahr 150 v. Chr wurde Karthago im dritten Punischen Krieg zerstört. So kann man jetzt nur noch die Überreste der auf einem Hügel liegenden ehemaligen oligarschischen Republik der Antike besuchen. Über die Ruinen hinweg hat man einen hervorragenden Blick über Tunis. Nicht weit entfernt kann man die Punischen Häfen besichtigen.
Ein eher touristisches Viertel ist Sidi Bou Said. Weiß getünchte Häuser mit blauen Fensterrahmen, dazwischen einige Souvenirläden und vor allem das Café des Nattes, seit jeher ein Künstlertreff, in dem schon Alexandre Dumas, August Macke und Paul Klee verkehrten. Aber nicht nur das Café des Nattes ist einen Besuch wert, auch von der Terrasse des Hotels La Villa Bleue hat man einen sehr schönen Blick über Sidi Bou Said, bei dem es sich herrlich eine Citronnade, eine Tunesische Zitronenlimonade schlürfen und entspannen lässt.
Ein weiterer Ort, um dem hektischen Großstadtleben zu entkommen ist Yüka in Gammarth, La Marsa. Es ist etwas abseits vom Schuss gelegen, bietet dafür aber Sand und Strand, gutes Essen und leckere Cocktails, und das nicht nur am Abend.
Wer früh aufsteht, sollte auf jeden Fall die Medina von Tunis besuchen. Am Morgen ist noch nicht allzu viel los, und man kann in aller Ruhe die Architektur des Viertels bewundern. Später am Tag wird es trubeliger, aber dafür sind Shops und Cafés geöffnet. Beim Schlendern durch die Medina stieß ich auf den Buchladen Espace Diwan. Dort gibt es neben antiken Plakaten alte und neue Bücher über die Geschichte Tunesiens. In den vielen anderen kleinen Shops in der Umgebung gibt es Tücher, Kleidung, Souvenirs, Kleingeräte uvm. Lebensmittel kann man im Marché Central kaufen, gleich um die Ecke.
Sfax
Auf dem Weg von Tunis nach Djerba lohnt sich ein Zwischenstopp in Sfax, einer weiteren tunesischen Großstadt. Auch hier kann man durch eine wunderschöne Medina schlendern. Vieles ist billiger als in Tunis, da sich nur wenige Touristen hierher verirren. Hervorheben möchte ich das Café Kemour, es ist auf zwei Etagen sehr schön eingerichtet und man kann in aller Ruhe einen Kaffee trinken und von der Terrasse auf der oberen Etage über die Medina blicken.
Djerba
Die Halbinsel Djerba ist deutlich touristischer als andere Regionen Tunesiens. Das liegt sicherlich an dem schönen Strand, der sich die gesamte Küste entlang zieht. Die Orte Houmt Souk, Hauptstadt der Peninsula, und Erriadh im Inselinneren dagegen sind geprägt von einheimischem Leben. Natürlich finden sich auch hier einige Souvenierläden, in denen Geschirr, Teppiche und Schmuck angeboten werden, aber die Mehrheit der Shops bieten Lebensmittel, Haushaltswaren, Sim Karten und dergleichen. Das Straßenbild wird zudem von unzähligen Cafés und Restaurants geprägt.
Auf Djerba fühlte ich mich immer wie in einem Star Wars Film. Das liegt daran, dass George Lucas sowohl durch die Architektur als auch die Kleidung der Menschen auf Djerba inspiriert wurde und Teile der Reihe in Tunesien gedreht wurden. Bei Andrea David aka Filmtourismus kann man das wunderschön nachlesen. Star Wars hin, Film her, der Sonnenuntergang in Sidi Jimour beim sogenannten Star Wars Haus ist einfach spektakulär.
Auch ein Spaziergang durch Djerbahood ist lohnenswert. Ein ganzes Viertel von Erriadh wird seit 2014 regelmäßig mit eindrucksvollen Graffiti verschönert.
Aber Erriadh punktet nicht nur mit Street Art, auch eine wunderschöne Synagoge habe ich dort bei meiner zweiten Tunesien Reise besucht. Anfang Mai findet dort jährlich eine große Prozession statt und das jüdische Viertel von Erriadh wird von Gästen aus aller Welt belebt. Es mag ein wenig verwundern, dass es jüdisches Leben in Nordafrika gibt, bringt man Tunesien und die Nachbarländer eher mit dem Islam in Verbindung, aber tatsächlich leben nicht wenige Menschen jüdischen Glaubens in Tunesien. In Erriadh besuchten wir nicht nur die Synagoge, sondern auch die Talmud Schule und wurden von einigen Mädchen auf der Straße eingeladen, die jüdische Mädchenschule zu besichtigen.
Apropos Einladungen und Zufallsbekanntschaften: Auf einem Spaziergang durch Erriadh trafen wir 2021 einen Bäcker, der uns superleckere Kekse zum Kauf anbot. Wir nahmen natürlich dankend an und aßen jeden Tag einen Keks. Mehr ging kaum, so sättigend waren sie. Als wir 2023 wieder durch die Djerbahood liefen, trafen wir den Bäcker wieder. Dieses mal gab es allerdings keine Kekse, es war Feiertag und daher auch Ruhetag, aber dafür lud er uns zu Tee, Brot und Psissa, einer Nusspaste ein. Auch sehr köstlich.
In Guellela besuchten wir Fatih Sakal, der die alte Töpferkunst wiederbelebt hat und der es sich zur Aufgabe gemacht hat, sein Wissen an Schulkinder weiter zu geben, um diese Tradition nicht sterben zu lassen. In weniger als 20 Minuten fertigte er einen makellosen Tontopf an und führte uns anschließend durch die Werkstatt und die dazu gehörenden Trockenkeller.
Zarzis
Um Djerba zu erreichen oder zu wieder zu verlassen, kann man entweder eine Fähre nehmen oder (mit dem Auto) über einen Damm fahren. Erster möglicher Stopp ist Zarzis. Viel habe ich dort nicht gesehen, aber das Dar Oomi ist auf jeden Fall eine Erwähnung wert. Es ist ein Resort der Luxusklasse, geführt von Myriam Maatoug. Jedes Zimmer ist einer herausragenden Frau der älteren oder neueren Geschichte gewidmet, wie zum Beispiel Simone de Beauvoir oder Rosa Parks und entsprechend eingerichtet. Insgesamt gibt es sieben Zimmer, jedes mit Pool und Dachterrasse.
Matmata
Nach einem Mittagessen im Dar Oomi erreichten wir auf dem Weg nach Matmata das Dorf Tamezret. Dort erfuhren wir von Mong Bouras, dem Gründer des Berbermuseums nicht nur viel über die Berber, sondern auch über die Christliche, Jüdische und Muslimische Vergangenheit und Gegenwart Tunesiens. Anschließend tranken wir einen Kaffee im Café Ben Jemaa, hoch oben über den Dächern von Tamezret.
In Matmata selbst ist das Star Wars Hotel Sidi Driss eine Attraktion, für jeden Fan ein absolutes Muss. Wer nicht allzu viel Wert auf Luxus und Bequemlichkeit legt, ist hier genau richtig. Die gefühlte Gegenwart von Han Solo und Luke Skywalker lässt einen die Sammelduschen und die karge Einrichtung schnell wieder vergessen. Viel interessanter als das Star Wars Hotel sind die Höhlenwohnungen in Matmata. Sie befinden sich in Hügeln und sind größtenteils unterirdisch und fensterlos, haben aber alle einen Innenhof unter freiem Himmel. Meist werden sie von älteren Frauen bewohnt, die hier Handarbeitswaren wie gehäkelte Taschen und gewebte Teppiche anbieten und ihren Besuchern Fladenbrot mit Kräuterhonig und Tee anbieten. Sehr lecker.
Douz
In Douz fühlte ich mich nicht mehr wie in einem Mittelmeerland, in Douz war ich endlich in Afrika angekommen. Den Kamelmarkt haben wir leider verpasst, aber das Marktleben an sich war noch in vollem Gange. Gewürze, Bananen, Orangen, Datteln und kleinere Haushaltswaren so weit das Auge reichte. Alles in karger Atmosphäre und seeeeehr exotisch. In einer Nebenstraße lief ich aus Versehen in eine kleine Werkstatt, in der ein Schuster an seinen Leisten saß und Schuhe fertigte und reparierte. In einem anderen Laden kaufte ich mir ein schönes großes Kopftuch zum Schutz vor der Sonne, da die Weiterfahrt in die Wüste anstand.
Chott El Jerid
Weiter ging es Richtung Tozeur. Der kürzeste Weg von Douz dorthin führt über den Chott El Jerid, einen Salzsee, der größtenteils ausgetrocknet ist. Wegen der dicken Salzkruste kann man sich aber nicht wirklich sicher sein, ob der Untergrund fest ist, weswegen es angebracht ist, auf der ausgewiesenen Straße zu bleiben. Es gibt aber einige markierte Stellen, auf denen es sicher ist, den Chott zu betreten. Natürlich hielten wir an einer dieser Stellen und gaben uns ganz der eigenartigen Stille und Atmosphäre hin.
Tozeur
Nach dem kurzen Stopp erreichten wir Tozeur. Ursprünglich eher eine Oase in der Wüste, jetzt eine kleine Stadt, geprägt von einer ganz eigenen Architektur, die sich anscheinend nirgendwo sonst finden lässt. In der Medina von Tozeur lud uns die Künstlerin Raoudha Bribech in ihr Atelier ein. Anschließend genossen wir im Café Berbère den Sonnenuntergang bei einer leckeren Citronnade, dem meiner Meinung nach besten Erfrischungsgetränk an einem Nachmittag in der Hitze Nordafrikas.
Von Tozeur fährt man mit dem Auto ca. 30 Minuten durch die Sandwüste nach Nefta, auch bekannt als Star Wars Village. Vor den Toren des „Dorfes“, zwischen Dünen gelegen, befindet sich die Start- und Ziellinie des Ultra Mirage, bei dem jährlich Ende September oder Anfang Oktober unzählige Läuferinnen und Läufer aus aller Welt 50 bzw. 100 KM durch die Sahara laufen. Die Stimmung ist ganz besonders, die „Ultras“ kennen einander von unzähligen gemeinsam bestrittenen Rennen, die allesamt mindestens 50 Kilometer lang sind, eher 100 Kilometer. Mir wurde aber auch von Rennen berichtet, die über 250 Kilometer gehen und die mit Rucksack und Zelt auf dem Rücken über fünf Tage gehen.
Die meisten Teilnehmer des UltraMirage steigen im Hotel Ras El Ain in Tozeur ab. Dort gibt es ein großes Hallo am ersten Tag, angespannte Konzentration am Tag des Rennens und ein glückliches „Geschafft!“ nach dem Rennen, immer geprägt von einem sehr starken Gemeinschaftsgefühl. Auch für Nichtläuferinnen wie mich eine tolle Erfahrung. Ein sehr spannender Beitrag zum Ultra Mirage findet sich bei AlRunningHappy aka Andrea Löw, die dieses Rennen schon mehrere Male bestritten hat.
Aber zurück nach Nefta und zurück in die Sandwüste. Auf dem Weg dorthin kreuzen Kamele die Straße, die teilweise vom Sand verweht ist. Von den Dünen neben dem Star Wars Village hat man einen tollen Blick auf Start und Ziel, und besonders schön ist es am Nachmittag, wenn die Sonne langsam untergeht und die Wüste in ein sanftes warmes Licht badet.
Auf meinen Reisen von der Küste in die Wüste Tunesiens habe ich viele schöne Eindrücke sammeln können. Vor allem die Sahara ist auf jeden Fall eine Reise wert, aber auch an die Star Wars Architektur auf Djerba, die Strände und Ortschaften mit ihren Souks und Medinas habe ich gute Erinnerungen.
Disclosure
Dieser Beitrag ist das Ergebnis zweier Reisen, die ich auf Einladung vom Tunesischen Fremdenverkehrsamt unternommen habe, einmal im September 2021 (Ultra Mirage) und das zweite mal im Mai 2023 (La Ghriba). Meine hier niedergeschriebenen Meinungen und Eindrücke sind meine eigenen und gänzlich unabhängig vom Tunesischen Fremdenverkehrsamt.