Man gewöhnt sich schnell an den Luxus einer Kreuzfahrt. Und das Traumschiff MS Deutschland macht seinem Namen alle dabei alle Ehre. Gastautorin Stephanie Freienstein sucht die gelungene Mischung zwischen Kulinarik und Kultur auf dem Kreuzer und Bewegung auf der Insel: Nach dem wundervollen Helgolandbesuch erwartet uns abends wieder ein 7- Gang Menü von hervorragender Qualität, gefolgt von einem Kulturprogramm mit einem kleinen Salonensemble auf hohem Niveau, im stilvollem Ambiente des Kaisersaals und anschließend eine angeregte Unterhaltung in der Bar Zum Alten Fritz. Es ist wirklich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Entspannung, Erleben und Genießen, zwischen anregender Gesellschaft, ansprechendem Kulturprogramm und dem einsamen Blick über die unendliche Weite des Meeres. Viel mehr kann man von einem gelungenen Urlaub kaum erwarten.
Der nächste Tag beginnt mit herrlichstem Sonnenschein. Wir liegen bereits vor Anker und vor uns liegt Sylt. Doch bevor ein neuer Landgang ansteht, will die schnell zur Normalität werdende Bordroutine absolviert werden. Für mich gehört ein frühes Bad im Swimmingpool auf dem Lidodeck unbedingt dazu, natürlich in netter Gesellschaft. Wir sind bereits verabredet. Die Suche nach dem Frühstückstisch für sechs Personen gestaltet sich etwas einfacher. Wir kennen die Gegebenheiten nun schon besser und wissen, wo wir uns passend setzen können. Außerdem haben wir eine Vorhut geschickt, die rechtzeitig Platz nimmt und sich einen ersten Tee genehmigt und das geschäftige Urlaubstreiben der Gäste in sich aufnimmt.
Das Geheimnis einer gelungenen Kreuzfahrt ist die Dosierung. Es ist unmöglich, von Orten, die nur für wenige Stunden angefahren werden, einen umfassenden Eindruck zu gewinnen. Viele Gäste nutzen deshalb gerne das Angebot geplanter und geführter Ausflüge. Entscheidend ist, eine Auswahl zu treffen, diese dann aber in vollen Zügen zu genießen. Man kann dies tun und die Lister Austernbänke der Sylter Royal besichtigen oder bei einer Gourmet Safari einige kulinarische Highlights der Insel antesten.
Uns reicht die hervorragende Bordverpflegung und wir lieben es individueller. So haben wir eine Radtour auf eigene Faust geplant, mit dem Ziel, wenigstens einmal in der Nordsee zu baden. Das Wetter ist phantastisch und die Aussicht auf die Fahrt durch Sylts einmalige Dünenlandschaft äußerst verlockend. Der Versuch, über unser Traumschiff Fahrräder zu organisieren, misslingt leider völlig. Nicht einmal die Adresse eines Fahrradverleihers kann uns mitgeteilt werden. Das führt zunächst zu etwas Ärger auf die Reiseleitung und zu Hektik im Hafen von List. Geschäftsleute können uns dann aber weiterhelfen und wir finden den Verleih schnell.
Ist die Fahhradfrage einmal geklärt, klärt sich der Blick wieder für die Umgebung und staunen: Gosch, wohin die Augen blicken, inklusive Stretchlimo. Der ehemalige Fischbudenbesitzer hat es geschafft, überall auf der Insel ist er präsent. In List gleich zweimal am Hafen mit riesigen Hallen. Und dann wollen auch noch alle hin, um sagen zu können: ich war da. Die Lokale sind bereits am noch nicht einmal so sehr fortgeschrittenen Vormittag gut gefüllt.
Wir wollen aber nicht: wir wollen Natur, Sand und Meer. Nach der problemlosen Radausleihe geht es ab in die Dünen Richtung Weststrand, einem der nördlichsten bewachten Strände Sylts und damit auch Deutschlands, denn wir befinden uns schon längst in Höhe Dänemarks. Die Fahrt ist herrlich. Zwischen Dünen und Wattenmeer, Vögeln und üppig blühendem Heidekraut ist jede Sekunde ein Genuss.
Wir erreichen den Weststrand. Kaum sind wir über die Düne, ist es da, das unvergleichliche Geräusch der Brandung am Strand. Die Nordsee! Als würden wir nicht schon den dritten Tag auf ihr herum schippern! Aber das ist doch etwas anderes, die salzige Klebrigkeit auf der Haut zu spüren, während die Wellen um einen herum brechen, dabei unfreiwillig ihre Bitterkeit zu schmecken und dabei den fernen Horizont vor Augen.
Die Wucht der Wellen und die Kraft des Wassers überraschen mich. Ich bin eine gute und geübte Schwimmerin. Aber der Sog zieht kräftig nach Norden. Um nicht hoffnungslos mit der Strömung abzutreiben, hilft nur, dagegen anzuschwimmen. Dabei kann ich nur mit echter Anstrengung die Position halten, muss unseren Strandabschnitt im Auge behalten, um zu wissen, wo ich hingehöre. Mit entspanntem Treiben lassen hat das hier nichts mehr zu tun. Aber es ist herrlich. Und ich denke, dass es gerade gut ist, das Meer so richtig zu spüren, wenn mir nur eine Stunde dazu bleibt.
Wir müssen uns schon fast sputen auf dem Rückweg, um eines der letzten Tenderboote zu erreichen. Die Deutschland legt pünktlich mit dem Höhepunkt der Flut um 15.30 Uhr ab, um unbeschadet die Sylter Gewässer wieder verlassen zu können.
Auch wenn wir mit einem leichten Bedauern die Insel wieder verlassen, das Programm des verbleibenden Tages versöhnt mit dem frühen Scheiden von dort.