Kann man in Moskau schlafen? Diese Frage stellt Gastautorin Dörte Behrmann für Le Gourmand auf einer Reise auf Einladung von „Moscow Tourismus and Hotel Industry“. Und sie kommt zu dem Ergebnis: Super sogar! Mein Hotelbett hat Spielplatz-Größe, die Kissen sind voluminös und zahlreich und die Zimmergröße macht jede russische Großfamilie glücklich. Ja, in Moskau habe ich sehr gut geschlafen. Doch die Zeit in der russischen Metropole ist zum Schlummern viel zu schade. Zuviel ist zu sehen und zu erleben. Folgerichtig ist das Programm der drei Tage straff gefüllt. Unter anderem gilt es, Luxus zu bestaunen und richtig gut zu essen!
Wer es richtig glamourös mag, der lässt sich, wie überall auf der Welt so auch in Moskau, vor das Hotel Ritz-Carlton fahren. Die 5-Sterne Luxus-Herberge gibt schon in der Lobby unmissverständlich zu verstehen, dass sie zu den klassisches Grand Hotels gehört. Eröffnet wurde sie erst 2007 – doch die verschnörkelte Außenarchitektur gibt keinen Hinweis auf diese junge Geschichte.
Nicht wirklich einzuordnen ist auch die Inneneinrichtung der 269 Zimmer und 65 Suiten, für die mir Begriffe wie „Empire“, „opulent“ aber auch „typisch amerikanisch“ und „kitschig“ einfallen. Wer’s mag … Und bezahlen kann! Das Doppelzimmer kostet ab 300 Euro die Nacht.
Der „Burner“ aber, wie Österreicher Großartiges zu bezeichnen wissen, sind die Bar und die Dachterrasse. Die stylishen Eiersessel aus kuscheligem, rotem Samt, der Ausblick auf den Kreml und die kühle Designatmosphäre provozieren bei mir Bilder von roten Stöckelschuhen, klirrenden Eiswürfeln in wuchtigen Vodkagläsern und unbescheidenen Blicken zwischen den First-Class-Gästen. Hier definiert Geld den wahren Tauschwert von Ware und Bedeutung. Wir sind vormittags dort oben, zu einer Zeit, in der Staubsaugergeheul die Luft zum Flirren bringt und nicht das Stimmengewirr der Reichen und Schönen. Oder derjenigen Touristen, die sich von ihrem Reiseführer zu einem Blick in diese Kulisse haben locken lassen.
„Komfortabel“ ist der schlichte Begriff, mit dem mein Reiseführer ein weiteres Luxushotel mit dem beinahe lyrischem Namen „Mariott Royal Aurora“ bezeichnet. Doch so verspielt der Name, so modern und zeitgenössisch das Hotel. Als Beispiel für die Kreativität mag dieser riesige „Weihnachtsbaum“ gelten, der aus lauter echten Weihnachtssternen gebildet wird. Weiteres Beispiel: Die Nachspeisen! Einer der österreichischen Kollegen lässt es sich nicht nehmen und probiert sämtliche 15 angebotenen Süßigkeiten durch. Ergebnis: Seine Gesichtszüge zeigen 15 Variationen von „köstlich“. Wir anderen lachen Tränen und bedauern, schon bei den variantenreichen Vorspeisen so zugelangt zu haben.
Ebenso köstlich aber weniger fein denn deftig ist das Boeuf Stroganoff, für das ich mich im Restaurant „Boris Gudonow“ entscheide. In dieses Restaurant geht, wer sich für die typische russische Küche interessiert – an unserem Besuchsabend sind das sehr viele. Bei den Klängen russischer Folkloremusik, gespielt von zwei bärtigen Ziehharmonikaspielern und begleitet von zwei kostümierten Sängerinnen, genießen wir den Tribut… Das stundenlange Dinner startet mit Sakuskis, den Vorspeisen. Sie sind nach Meinung vieler Experten das Beste an der russischen Küche. Eingelegte Pilze, Blinis (Pfannkuchen), ein bisschen Kaviar, eine Vielzahl Salate mit Kartoffeln, Reis und Tomaten, gefüllte Eier – nur die Aussicht auf das Folgende gebietet zur Mäßigung. Schade! Es lohnt sich, denn die Hauptspeise ist nicht nur nett anzuschauen sondern ein wahres Gedicht. Ich kann gut verstehen, dass Boeuf Stroganoff seit dem 19. Jahrhundert die Küchen erobert hat – doch auch all die anderen lukullischen Verführungen hätten das verdient.
Den umgekehrten Weg – von außerhalb in die russische Hauptstadt – hat Marina Abramovic geschafft. Die Ausstellung der serbischen Performance-Künstlerin „The Artist is present“ war 2010 zunächst im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) zu sehen, bevor sie um die Welt zog. Im Dezember 2011 erlebten sie auch die Moskauer im „Center for Contemporary Culture Moscow“, der Galerie Garage. Untergebracht in einer ehemaligen Busgarage, einem architektonischen Kleinod aus der russischen Avantgardezeit um 1920, wird das Kulturzentrum von Dascha Schukowa geführt, der Lebensgefährtin von Boris Abramovitsch. Das Fotografieren ist nicht erlaubt, aber einen Einblick in das erstaunliche Galerie-Projekt der Weltklasse-Künstlerin gestattet dieser Artikel. Die Performances mit nackten Körpern, Wohnfeld-Installationen und aufrührenden Videos hinterließen bei uns allen einen großen Eindruck.
Moskau fasziniert. Die Hauptstadt Russlands ist ein lohnendes Ziel für alle, die Gegensätze lieben, Lust auf Entdeckungen haben und Wert auf lukullische Genüsse legen. Pro Jahr sind das rund vier Millionen Touristen jährlich. Luxushotels gibt es in Hülle in Fülle, gepflegte und bezahlbare Touristenhotels leider nicht ganz so viele. Nach den Vorstellungen von Moskau-Tourist werden es aber schon bald sehr viel mehr.
Le Gourmand-Gastautorin Dörte Behrmann arbeitet seit 1996 als selbstständige PR-Beraterin und ist seit zehn Jahren auf Tourismus-PR spezialisiert.
Der Beitrag geht auf eine Pressereise zurück, zu der Moskau Tourist siebzig Journalisten aus Frankreich, Holland, Israel, Deutschland und Österreich eingeladen hatte. Ermöglicht wurde die Reise durch Ost & Fern Reisen in Hamburg.