In diesen Tagen wird das neue, voluminöse Programm des Kulturfrühlings Monte Carlo 2016 versendet – und alle Musik- und Kulturtouristen sollten es sich unbedingt besorgen. Leider ist es hierzulande immer noch nicht so bekannt, wie es sein sollte – der Printemps des Arts de Monte-Carlo. Dabei findet es in diesem Jahr bereits zum 32. (!) Mal statt. Dies war Anlass genug für unseren Co-Autor Dr. Jürgen Kagelmann dieses Festival zu besuchen.
Im Jahr 1984 gefiel es der Königlichen Hoheit, Caroline, Prinzessin von Hannover, die schon immer viel für Musik übrig gehabt hatte, ein alljährliches Musik- und Tanzfestival zu organisieren, das den Ruf des Ministaates (mit 2,03 qm Fläche bekanntlich der zweitkleinste Staat nach dem Vatikan) künstlerisch und kulturell aufbessern und das Fürstentum für den Qualitäts- oder Kulturtourismus erschliessen sollte. Sie wurde Präsidentin des neu gegründeten Comitée d’Organisation du „Festival des Arts de Monte-Carlo“, woraus 1984 das „Printemps des Arts de Monte-Carlo” entstand, das jährlich und wie der Name schon sagt, in jedem Frühling durchgeführt wurde und wird.
Printemps des Arts bietet Bühne für andere Musikkulturen
Die Lust an der Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen (Musik vom XI. bis zum XXI. Jahrhundert, Symphonien, Oper, Jazz, Konzert, Kino, Bildhauerei, Theater, Poesie, Tanz) und der Qualitätsanspruch, den Besuchern die bedeutendsten Künstler der Gegenwart zu zeigen, ist für dieses Festivals zentral. Der Printemps des Arts unterscheidet sich von anderen europäischen Festivals insofern, als es immer etwas Außergewöhnliches und Unerwartetes gibt. Z.B. wird der Entdeckung neuer und anderer Musikkulturen eine grössere Bühne geboten: Da werden auch immer wieder “exotische” Künstler und Orchester aus dem Kongo, Kambodscha, Marokko und Japan eingeladen – 2016 etwa ein Symphonieorchester aus Kinshasa aus der Demokratischen Volksrepublik Congo.
Seit etwa zehn Jahren hat der Komponist Marc Monnet die Konzeption und künstlerische Leitung; er gilt in seinen Qualitätsansprüchen als ebenso kompromisslos wie engagiert.
Gespart wird nicht am Festival, weshalb es mittlerweile den Ruf genießt, die bedeutendsten Künstler der Gegenwart zu zeigen, ein Leckerbissen für Musikbegeisterte und Festivaltouristen. Das Programm ist jedes Jahr höchst anspruchsvoll und wird immer glanzvoller. Sein Genuss ist übrigens zu moderaten Preisen möglich, wie man sie im mondänen Fürstentum gar nicht erwarten würde. Kinder unter 12 Jahren haben immer freien Eintritt!
2015 fanden an vier Wochenenden vom März bis April 18 Konzerte an 14 Veranstaltungsorten in Monte Carlo statt. Drei berühmte europäische Orchester und über 400 internationale Künstler, dabei 100 junge musikalische Talente waren eingeladen.
Einige Höhepunkte des Frühlings 2015 waren diese: zur Eröffnung am ersten Wochenende gab es die berühmte Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach (aus dem Jahr 1724) mit dem Orchester La Petite Bande, sowie Werke des finnischen Komponisten Jean Sibelius und des italienischen Meisters Franco Donatoni, gespielt vom Philharmonischen Orchester von Monte-Carlo.
Eine kleine Bemerkung dazu: die Soloharfenistin des lokalen Philharmonischen Orchesters ist die 1984 in München geborene, aus einer bemerkenswerten Musikerfamilie stammende Sophia Steckeler (hier im Bild zusammen mit Radiomoderator Alexander Tauscher) . Sie spielte u.a. im European Union Youth Orchestra, im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und im Duo Jumelles, bevor sie im September 2011 als Soloharfenistin des Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo (OPMC) engagiert wurde, somit eine der wenigen Soloharfenistenstellen erlangte, die es überhaupt gibt.
Im technisch beeindruckenden Kultur- und Ausstellungsgebäude (35.000 qm) des Stadtstaates, dem Grimaldi Forum – konnten Besucher in einem weiteren Highlight Bach und seine Meister des Nordens erleben, unter anderem mit Werken von Dietrich Buxtehude – gespielt von Ensemble Cairn Guillaume Bourgogne und vom Ensemble Stravaganza.
Das Ensemble Stravaganza im Grimaldi Forum
Ein absoluter Höhepunkt waren der Auftritt des BBC Symphony Orchestra und des Philharmonischen Orchester von Radio France. 2016 wird der Musikfrühling vom 19. März bis 10. April mit über 750 Gastkünstlern stattfinden und wieder Kunst auf Musik auf Weltklasseniveau bieten. Natürlich wird es auch 2016 wieder musikalische Leckerbissen geben, wenn das Deutsche Symphonieorchester (Berlin), das Radio-Sinfonieorchester des SWR (Stuttgart), die NDR Radiophilharmonie und die Bamberger Symphoniker auftreten und sich besonders einem deutschen Komponisten widmen – Gustav Mahler, der dieses Jahr einen der Schwerpunkte des Programms bildet. – Ganz im Kontrast dazu werden musikalische Präsentationen aus der französischen Bretagne stehen.
Ein interessanter Aspekt jeder Frühlingskonzertreihe sind die verschiedenen, architektonisch und historisch eindrucksvollen Schau- und Spielplätze wie der Salle des Princes im Grimaldi Forum Kongresszentrum, das Auditorium Rainier III., die Opéra Garnier im Casino Monte Carlo oder sogar das berühmte Ozeanographische Museum.
Eine weitere kleine Bemerkung: Die meisten Veranstaltungen haben den nicht zu übersehenden Vorteil, dass den Gästen hinterher die Möglichkeit eines kostenlosen Cocktailempfangs geboten wird – Wein und typische regionale Häppchen, eine Gelegenheit, der von den Monegassen immer gerne wahrgenommen wird. Und weiter können Kulturliebhaber, die die Werke nicht nur hören, sondern noch näher kennenlernen wollen, dies in Begegnungen mit den Werken tun, wenn hoch qualifizierte Musikwissenschaftler die Veranstaltungen so umfassend und anschaulich wie möglich erläuterten. Das Festival nimmt nämlich auch seine pädagogische Funktion sehr ernst.
Und weil heutzutage viele Menschen “Events” mögen, haben sich auch die Macher des Printemps etwas ausgedacht: Denn einer der traditionellen Höhepunkte des Printemps des Arts-Festival ist die Überraschungsnacht. Die Gäste wissen weder, was sie hören werden, noch wo das Konzert stattfindet. Sie wissen noch nicht einmal, wie sie dorthin gelangen. In der Vergangenheit zum Beispiel brachte ein Reisebus alle Teilnehmer von Nizza nach Menton oder eine Dampflok transportiere die natürlich begeisterten Gäste nach Cannes.
Mit dem Festival hat Monaco ein besonderes kulturelles Highlight aufbauen können, das das Image dieses Stadtstaates in ganz anderer – alternativer – Weise prägt als seine Casinos und die klassisch-nostalgische Hotelbauten, die Hauben-Küchen und die Luxusautomobile auf den Straßen, der Fürstenglamour und die Formel 1-Autorennen (sowie der Fußballklub).
Touristisch macht das Ganze Sinn, denn mit dem Printemps wird die touristische Vorsaison gefüllt, in der das wechselnde Wetter noch wenig anziehend ist und sich die Sonne betrüblicherweise nur manchmal zeigt. Schon haben die ersten deutschen Reiseveranstalter begonnen, Pakete (“Monaco und die Riviera”) für das Musikevent zu schnüren. Weil der Printemps des Arts stets über einen längeren Zeitraum (jedes Jahr von Mitte März bis Mitte April) stattfindet, eignet sich das Festival ausgezeichnet für Kurzurlauber.
Service:
- Das Informationsheft des Festivals von 2015 und
- downloadbare Videos aus 2015 lohnen sich auf jeden Fall.
- Ausführliches Programm des Musikfrühlings 2016
- weitere Informationen