Home ReiseDeutschlandBayern Wo kommen unsere Kartoffeln her? Gute Kartoffelernte in Bayern

Wo kommen unsere Kartoffeln her? Gute Kartoffelernte in Bayern

by Götz A. Primke
Kartoffelernte Traktortour EssenAusBayern RomyHof
Kartoffelernte Traktortour EssenAusBayern RomyHof

Regionale Lebensmittel wachsen vor unserer Haustür. Es muss nicht immer Bio sein – Lebensmittel, die in unserer Region hergestellt wurden und einen kleineren ökologischen Fußabdruck hinterlassen, sind oftmals sinnvoller als bspw. Bio-Lamm aus Neuseeland. Der Bayerische Bauernverband zeigt uns mit seiner Aktion #EssenAusBayern, wo unser Essen eigentlich herkommt. In den vergangenen zwei Jahren veranstaltete er dazu eine Traktortour – ein bunter Traktor ging auf Erklärtour. Zum Auftakt schauten wir bei der Kartoffelernte auf dem Romy-Hof der Familie Johannes Müller in Maisach vorbei.

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Kartoffelernte 2020 und 2021: Erst fast zu heiß – dann viel zu kühl und naß

Die Kartoffelernte 2022 hat noch nicht begonnen. Die letzten Jahre haben leider nicht durchgängig die Erwartungen der Sonnenanbeter in Deutschland erfüllt. So manche Monate waren zu nass – an anderen Tagen wiederum kletterten die Temperaturen so hoch, dass es fast unerträglich heiss war, sich draussen aufzuhalten. Der Klimawandel schlägt zu und lässt die Wetterextreme zum Normalzustand werden – den wir aber nicht als normal akzeptieren können. Doch die Kartoffelbauern konnten im Jahr 2020 nicht klagen – zumindest nicht über die Ernte. Die bayerischen Kartoffelbauern mit ihren rund 43.000 Hektar Anbaufläche – das entspricht rund 50.000 Fußballfeldern – freuten sich über gute Kartoffelernten mit guten Qualitäten. Doch im letzten Jahr 2021, sah es nicht so rosig aus für die bayerischen Bauern. Für 2022 ist es noch zu früh, eine Aussage zu treffen.

Günstige Niederschlagsverteilungen in den Kartoffelanbauregionen und moderate Temperaturen sorgten im Jahr 2020 für gute Wachstumsbedingungen. „Die Kartoffel braucht regelmäßig Wasser und warme Nächte und Tagestemperaturen von maximal 28°C zum Wachsen. Bei über 30°C brechen die Bestände regelrecht zusammen“, sagt Konrad Zollner, Vorsitzender der Bayerischen Kartoffelbauern.

2021 haben Bayerns Landwirte 1,6 Millionen Tonnen Kartoffeln gerodet, das waren 14,0 Prozent weniger als 2020 und 3,0 Prozent weniger als im Durchschnittswert der Jahre 2015 bis 2020.

Ein Grund für das geringere Ernteergebnis waren die Witterungsbedingungen des letzten Jahres. Durch das außergewöhnlich kalte Frühjahr entwickelten sich die Kartoffelbestände zögerlich. Das in weiten Teilen Deutschlands sehr wechselhafte und nasse Sommerwetter wirkte sich negativ auf den Ertrag aus. Im Juli und August waren die Kartoffelfelder oftmals zu nass zum Befahren. Erst mit Beginn des Spätsommers Anfang September kamen die Erntearbeiten zügiger voran.

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Zu Gast bei der Kartoffelernte

Wir wollten es genau wissen und fuhren nach Maisach – eine beschauliche Gemeinde 25 km westlich von München, das noch zum Speckgürtel der bayerischen Landeshauptstadt gezählt werden kann. Wir trafen dort auf Bauernpräsident Walter Heidl, Konrad Zoller, Vorsitzender der Bayerischen Landesvereinigung Kartoffel, Josef Färber, Geschäftsführer Kartoffel-Centrum Bayern GmbH, Otto Wenninger, Betriebsleiter Aviko Deutschland GmbH und den Bauern vor Ort, Johannes Müller.

Nach einer kurzen Begrüßung fuhren wir hinaus auf das Feld von Johannes Müller. Hier sahen wir, wie die moderne Kartoffelernte heutzutage abläuft. Vorbei die Zeiten als Frauen und Kinder die Knollen aus dem Boden klaubten. Längst hat auch hier die Computertechnik Einzug gehalten, fahren schwere Maschinen GPS-gesteuert über die Felder. Doch Erntezeit bedeutet nach wie vor, dass es keinen Acht-Stunden-Tag gibt. Von früh bis spät wird geerntet. Aber heute ist hauptsächlich die Maschine permanent im Einsatz, die Bauern und ihre Erntehelfer können in Schichten arbeiten.

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Mit dem Vollernter auf dem Feld

Mit dem Vollernter fährt ein Angestellter des Romy-Hofs über das Feld. Der Zwei-Reihen-Roder braucht etwa vier Stunden, um einen Hektar abzuräumen. Der durchschnittliche Ertrag liegt bei 60 Tonnen Kartoffeln pro Hektar. Über Rüttelbänder und ein gestacheltes Förderband, den „querliegenden Igel“, werden die Knollen in den Bunker befördert, der acht Tonnen fasst. Dabei fällt schon einiges an Erde wieder zurück aufs Feld.

Der Lastwagen, der die Kartoffeln zurück zum Hof fährt, ist mit einem Fallsegel ausgerüstet, damit die Knollen weich fallen. Sonst bekämen sie Druckstellen, das würde die Qualität mindern. Man könnte schon auf dem Vollernter Steine und Erdklumpen aussortieren. Die Arbeitskräfte aber seien teuer, sagt Johannes Müller. Deshalb übernimmt in der großen Halle eine optische Sortiermaschine den Hauptteil dieser Arbeit. „Die beste und teuerste“, sagt Müller, 130.000 Euro habe sie gekostet. Mit drei Kameraaugen und einem Spiegel erkennt sie, was Steine oder Erdklumpen, was Kartoffeln sind. Senkrecht nach unten hängende Kunststofffinger schnellen an der entsprechenden Stelle vor und befördern Fremdkörper vom Laufband.

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Gute Kartoffelernte trifft auf schlechte Nachfrage

Dennoch haben die Bauern und die Kartoffelhändler Grund zur Sorge. Die Ernten der letzten Jahre treffen auf ein schwieriges Marktumfeld. Zwei Jahre ohne Großveranstaltungen sowie starke Einschränkungen in der Gastronomie haben die Nachfrage verändert. „Speisekartoffeln waren recht gut nachgefragt und laufen auf gutem Niveau. Verarbeitete Spezialitäten wie Knödel und Pommes Frites werden jedoch überwiegend in der Gastronomie oder auf Volksfesten gegessen. und diese größeren Events sind coronabedingt entfallen. Das trübt die gute Ertragslage“, sagt Johann Graf, Kartoffelreferent beim Bayerischen Bauernverband.

Wer Kartoffeln isst, hilft der Landwirtschaft

„Die Kartoffel ist gesund und schmeckt in jeder Form. Die Bayerische Kartoffelbranche ist breit aufgestellt und der Verbraucher kann ganzjährig auf bayerische Produkte zugreifen. Wer Kartoffeln isst, hilft der Landwirtschaft!“, betont Konrad Zollner.

Die Bayerische Landesvereinigung Kartoffel hat sich das Marketing für Kartoffeln auf die Fahne geschrieben, dafür wird beispielsweise auch eine Kartoffelkönigin gewählt und ein Kartoffelkalender auf den Markt gebracht.

Die Kartoffelflächen haben sich in den letzten Jahren nicht nur in Bayern, sondern europaweit ausgedehnt. Der deutsche Ausbau stieg auf 273.000 Hektar, das sind fast 40.000 Hektar mehr als 2015. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich in der EU: Mit 1,65 Mio. Hektar ist der Anbau seit 2015 um 100.000 Hektar ausgedehnt worden.

Angetrieben wurde diese Entwicklung von den Nachfrageimpulsen aus der Pommes Frites-Industrie, fehlenden Alternativen im Ackerbau und letztlich auch von guten Preisen in den letzten Jahren. Dabei war aber klar, dass der Anbau schneller als die Nachfrage wuchs – lediglich die schlechten Erträge in einigen Regionen konnten die letzten Jahre vor Corona vor einem Angebotsüberhang retten. Doch durch die weltweite Pandemie und die ausgefallenen Oktoberfeste und Volksfeste, Partys, privaten Grillveranstaltungen gibt es jetzt ein eklatantes Überangebot an Convenience-Kartoffeln.

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Traktortour #EssenAusBayern geht unserem Essen auf die Spur

Bauernpräsident Walter Heidl eröffnete bei dem Pressetermin die Traktortour #EssenAusBayern. Der von der Firma Deutz-Fahr gesponserte bunte Traktor fuhr anschliessend verschiedene Orte in Bayern an. Bäuerinnen und Bauern konnten sich bei diesen Stopps über die regionale Erzeugung informieren. Insgesamt machte der Traktor an rund 60 Orten in den sieben bayerischen Bezirken Station. Überall stand im thematischen Mittelpunkt die heimische Erzeugung und regionale Versorgung mit Lebensmitteln.

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Leider fuhr der Traktor dabei aber nicht (oder nur an einem einzigen Tag laut Kalender) München an. Wir – als Genießer-Magazin und auch Endverbraucher – hätten uns gefreut, wenn sich diese Aktion auch noch mehr an die Konsumenten in den Großstädten gewandt hätte. Denn gerade der Verbraucher möchte doch gern wissen, wo seine Produkte herkommen, welche Arbeit, Mühe und Herzblut der Bauer in seine landwirtschaftlichen Erzeugnisse steckt.

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Bauernpräsident Walter Heidl erklärte uns, dass man im Rahmen der Aktion den heimischen Lebensmitteln auf die Spur gehen wolle. Dabei sollen die Schritte vor der Verarbeitung und vor dem Verkaufsregal beleuchtet werden und über die regionale Erzeugung auf Feldern, Wiesen und im Stall informiert werden solle. Damit wolle der Bayerische Bauernverband das Bewusstsein für die heimische Erzeugung stärken und die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verrauchen nach regionalen Zutaten unterstützen.

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Der Romy-Hof: Ein Vorzeigebetrieb

Die erste Station der Traktourtour, der Romy-Hof in Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck, ist dabei ein außerordentlich spannendes Beispiel. Auf dem Betrieb baut die Familie Müller auf etwa 300 Hektar Land vor allem Kartoffeln und Zwiebeln an und mästet 1.300 Schweine. Vor wenigen Jahren haben sie die größere der beiden Hallen direkt im Anschluss an die alte errichtet. Nun verfüge man über 3.200 Quadratmeter Lagerfläche. Die Kartoffeln und Zwiebeln werden permanent belüftet, die Luft strömt durch schmale Schlitze im Fußboden, in den Wänden und Kisten. Die Kartoffeln werden so auf etwa fünf Grad gekühlt. Die Zwiebel werden zunächst bei höheren Temperaturen getrocknet, dann ebenfalls kühl gelagert. Das grüne Licht verhindert, dass die Kartoffeln grün werden.

Ein großer Teil wird in der alten Halle bis zu sechs Meter hohen Haufen gelagert und ebenfalls belüftet. Ungewaschen. Denn, so erklärt Müller, die dünne Erdschicht schütze die Knollen. Die Halle ist energieeffizient, 50 bis 70 Prozent des nötigen Stroms für Lüftung und Klimaanlage stammen von der eigenen Photovoltaik-Anlage. Die Kartoffeln können so über den Winter auf dem Hof gelagert und im nächsten Frühsommer verkauft werden. Dann gibt es weniger Knollen und die Preise sind höher als zur Erntezeit.

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Der Großteil der Kartoffeln geht an Pommes- und Chipshersteller wie etwa Aviko, die hohe Qualitätsanforderungen haben. Ein wichtiges Kriterium ist die Farbe, die die Pommes frites beim Backen annehmen. Im Fast-Food-Bereich sind sehr helle, lange Stäbchen gefragt. Mit dem Geschmack habe das nichts zu tun, erklärt Müller. Die Backfarbe könne man über die Lagertemperatur beeinflussen, denn sie hängt von der Verteilung der Stärke in den Knollen ab. Der separate Biobetrieb der Müllers, der unter „Rottenfußer“ firmiert, produziert Kartoffeln für große Supermarkt-Ketten. Außerdem bauen Müllers Getreide, Zuckerrüben und Raps an, die in Fruchtfolge mit Kartoffeln und Zwiebeln wachsen.

Mit drei Berufskollegen haben die Müllers eine Maschinengemeinschaft. So können sie sich teurere und bessere Maschinen leisten und durch schonendere Bearbeitung bessere Qualität erzeugen. Kartoffeln machen viel mehr Arbeit als Getreideanbau, man müsse was sieben Mal so viel Zeit hineinstecken, sagt Müller. Entsprechend groß ist der Personalbedarf. Müller rechnet mit zweieinhalb Arbeitskräften aus der Familie, dazu kommen Azubis, Aushilfen und Saisonarbeitskräfte. Der Hof arbeite eher markt- als prämienorientiert, sagt Müller, der Markt sei verlässlicher. 

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Es bleibt also zu hoffen, dass die kommenden Monate noch viele Sommerfeste und auch Oktoberfeste bringen und wir uns die köstlichen Pommes frites, aber auch Herzoginkartoffeln, Kroketten, Kartoffelpuffer, Rösti und anderen Kartoffelspezialitäten munden lassen können.

Nach so viel köstlichen – jedoch rohen – Kartoffeln und vielen trockenen Informationen an einem heißen Tag mundeten uns abschliessend die köstlichen Burger mit feinsten Pommes frites aus dem Street-Food-Wagen ganz hervorragend.

Ein köstliches Rezept für eine Kartoffel-Bohnen-Pfanne und einen Kochbuchtipp für Kartoffelrezepte findet ihr übrigens hier.

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