Durch einen netten Zufall fügte es sich, dass ich gestern Abend im Restaurant Parioli des Hotel de Rome zu Abend dinierte. Das Rocco Forte Hotel am Berliner Bebelplatz hat erst seit kurzem geöffnet und gehört eindeutig in die Fünf-Sterne-Luxus Kategorie. Das Gebäude war früher die Reichszentrale der Dresdner Bank und stellt durch seine zentrale, exponierte Lage schon allein architektonisch ein Highlight in der Berliner Hotellandschaft dar. Der Bebelplatz hat als Opernplatz seine traurige Berühmtheit in der deutschen Geschichte erlangt, als kranke, politisch fehlgeleitete Hirne dort Bücher verbrannten. Hier im Herzen Berlins, direkt Unter den Linden bilden Berliner Staatsoper, Hedwigskirche, Hotel de Rome und ein Bankhaus, Kronprinzenpalais und das Hauptgebäude der Humboldt Universität auf der anderen Seite der Straße ein einzigartiges Ensemble.
Das Hotel de Rome fällt vor allem durch seinen eher schlichten, zurückhaltenden Eingang auf. Freundlich öffnet der Doorman die Tür, ein paar Stufen führen hoch zu einer zweiten, alten Tür, die elegant und elektronisch wie von Geisterhand aufschwingt, während wir ihr uns nähern. Der Lobbybereich des Hotel de Rome ist eine gelungene Mischung aus altem Bankgebäude und modernem, stylischen First Class Hotel. Während der Concierge seine Art Kabuff versteckt auf der linken Seite hat, befindet sich nach rechts der Eingang zur Bar. Riesige rote Monumentalvasen auf schwarzen Podesten flankieren den Eingang. Ein paar Schritte hinein ins Hotel bremst ein großer schwarzer Lacktisch mit enormen Vasen voll mit frischen Blumen den direkten Blick und Durchgang. Dafür beherrschen hier vier bequeme und einladende, schwarze und pompöse Sitzlandschaften die Nischen. Vier riesige, alte Jugendstilspiegel, im Laufe der Zeit bereits erblindet, zieren die Wände. Der Hotelempfang dafür versteckt sich zurückhaltend in einer Nische auf der linken Seite. Uns stellt sich kein Hotelangestellter in den Weg, der Empfang ist unbesetzt. Offensichtlich werden dort zum Sonntag Abend keine Gäste mehr erwartet. Wir schlendern noch einen Raum weiter, vermutlich die Schalterhalle des früheren Bankgebäudes. Hier freuen sich diverse Sitzgelegenheiten, Sofas, Sessel, Stühle mit kleinen Tischchen auf Gäste, Reste einer nicht abgeräumten Tea Hour warten auf einem Tisch auf den Service.
Wir wenden uns nach rechts und betreten das Restaurant Parioli. Es ist zu dieser Zeit vollkommen leer, doch sofort kommt ein freundlicher Mitarbeiter auf uns zu und nimmt uns die Garderobe ab. Auf unsere Frage, ob wir heute Abend die einzigen Gäste sind, klärt er uns auf, dass bereits Gäste da waren und noch weitere erwartet werden. Meine Horrorvorstellung, die ganze Zeit allein da zu sitzen, tritt also nicht ein. Wir erhalten einen sehr schönen Tisch in einer Ecke des Restaurants, mit sehr gutem Blick über das Restaurant, die sehr schön bequemen Sessel werden uns zurecht gerückt.
Als Aperitif entscheiden wir uns für Champagner, sowohl weiß als auch rosé. Eine gute Qualität, feinperlig, doch eher belanglos, von keinem dauernden Erlebnis auf der Zunge. Ok, vielleicht sollte ich nicht jeden Champagner mit meinem Liebling Ruinart vergleichen…
Wir entscheiden uns für das Menü, das laut Karte Küchenchef Raffaele Cesare Cannizzaro empfiehlt. Das Restaurant bietet das 5-Gang-Menü zu 90 Euro an, 130 Euro werden fällig, wenn man sich für das Menü mit den begleitenden Weinen entscheidet.
Als Gruß aus der Küche kommt ein hauchdünnes Thunfischcarpaccio mit Rauke und Vinaigrette. Der Thunfisch ist sehr lecker – an den Stellen, an denen er nicht von der Vinaigrette erschlagen wird. Denn diese wird leider so stark vom Knoblauch dominiert, dass man(n) anschließend kein Date mehr haben sollte. Mir als Knoblauchliebhaber mundete es durchaus, mein Roséchampagner konnte auch damit bestehen.
Der erste Gang, ein Battuta vom Fassone Rind mit Norciatrüffel, ligurischen Artischocken und Parmigiano schmeckte schon auf den ersten Bissen so trüffelig, dass ich Trüffelöl vermutete. Dies bestätigte unser Kellner auch auf Nachfrage. Die einzelnen Komponenten, das Rindercarpaccio, Trüffel, Artischocken und Parmesankäse hatten jeder für sich eine wunderschöne Konsistenz, waren eindeutig im Geschmack und funktionierten auch prima in dieser Zusammensetzung. Ein Starter, der Lust auf mehr machte.
Der dazu gereichte Wein, ein 2006 Terre di Tufi von Teruzzi & Puthod, passte auch schön dazu. Der Tufi ist eine Cuvée von Chardonnay und einem anderen Wein, den ich leider wieder vergessen habe – und im Barrique ausgebaut. Die typischen Aromen von Chardonnay mit Holz waren gut erkennbar, doch nicht zu dominant. Das Holz hielt sich angenehm im Hintergrund, der Wein zeichnet sich durch eine harmonische Struktur von Säure, Mineralität und Aromen aus. Dadurch passte er auch gut zur trüffeligen Vorspeise.
Es folgte eine Lasagnette mit Oktopus-Bolognese und Olio Verde. Kleine, dünne Pastascheiben mit einer sehr leichten tomatisierten Sauce und so kleinen Oktopusstückchen, dass wohl wirklich der Fleischwolf benutzt wurde. Der Gang schmeckte sehr lecker, doch hätte ich persönlich mir gewünscht, dass wenigstens ein paar Tintenfischärmchen sichtbar gewesen wären. Doch das wäre dann nicht im Sinne der Bolognese-Idee des Küchenchefs.
Als Fischgang kam ein Seeteufel mit Lardo di Colonnata und Petersilienpüree. Ich hatte nur so kleine Seeteufelchenfilets erwartet. Doch das Stück war wirklich von einer ordentlichen Größe mit einem hauchzarten Speck ummantelt. Die Konsistenz des Seeteufels war perfekt, nicht zu weich und auch nicht totgekocht. Das Petersilienpüree war von einer schönen grünen farblichen Intensität, die den weißen Fisch schön unterstützte – und auch geschmacklich sich nicht in den Vordergrund drängte.
Beide Gänge begleitete ein 2007 Grüner Veltliner Federspiel vom Weingut R. Pichler aus der schönen Wachau. Er war deutlich sanfter, als der erste Wein, nicht holzig, ohne jegliche Röstaromen – doch von einer bestechend angenehmen Fruchtigkeit. Seine zurückhaltende Eleganz harmonierte vortrefflich mit der Mini-Lasagne und auch mit dem Seeteufel.
Anschließend genoss ich Rücken und geschmorte Roulade vom Pauillac Lamm mit Millefoglie von Auberginen und Tomate. Der Rücken war perfekt à point rosa gebraten, die geschmorte Roulade für weibliche Gaumen vielleicht zu fettig, sie fiel beim Zerschneiden sehr locker auseinander, bereitete mir aber durchaus einen rustikalen, anderen Geschmack, als der feinere Rücken. In dieser Abwechslung der zwei Stück Lamm lag der Reiz. Sehr gut passte dazu das Millefoglie von Auberginen und Tomaten. Hier stach die Säure der Tomaten sehr hervor, die Aubergine zeigte sich nur leicht im Abgang. Eine sehr geschmacksintensive Begleitung.
Der dazu gereichte 2005 Chianti Classico Riserva Barone Ricasoli aus der Toskana war dazu ein perfekter Begleiter. Er war von einer schönen tiefroten Farbe, drängte sich jedoch durch eine gewisse Leichtigkeit und harmonische Struktur nicht in den Vordergrund.
Den Abschluss bildete ein Dies & Das von Kirschen mit Büffelricotta. Hm, das Dessert war ganz lecker, doch hätte ich persönlich mir eher eine jahreszeitlich angepasste Fruchtbegleitung gewünscht. Die Kirschen hatten ein tolles Fruchtaroma, waren voll von Geschmack. Doch bitte: wo kommen jetzt Anfang März Kirschen her? In meinen Augen fiel das Dessert zu den anderen Gängen etwas ab.
Göttlich hingegen war der Süßwein, ein 2006 Moscato Rosa, Traverso, aus Friaul-Julisch-Venetien. So schmeckt flüssiger, rötlicher Honig. Vielleicht kann der Moscato noch ein paar Jahre länger in der Flasche liegen, so dass er noch zähflüssiger und süßer sich entwickelt. Doch schon jetzt ist er ein wunderbarer Begleiter zu Desserts und kann auch als Solist bestehen.
Der Ristretto war sehr mild, eine gute Espressobohnenqualität kann man aber durchaus bei einem Haus dieser Klasse erwarten. Ebenso die perfekte, leckere, wunderbar im Mund schmelzende Confiserie. Meinen Magen schloss ich mit einer Vogelbeere vom Lantenhammer, die wunderbar mild und bekömmlich war.
Das Interieur ist modern und bindet das alte Bankgebäude schön mit ein. Über den Tischen an der linken Wand des Restaurants hängen wuchtige Lampen, die woanders alles erschlagen würden, hier aber wunderbar sich einfügen, ohne zu dominieren. In den Sesseln sitzt man sehr bequem, doch fast zu bequem, man kommt beim Aufstehen so schwer raus. Der Blick aus der Fensterfront wird am Tage oder in einer hellen Sommernacht vielleicht schön sein, doch nachts ist es eben dunkel. Der Service ist aufmerksam, zuvorkommend, freundlich, perfekt informiert und ebenso zurückhaltend. Es mag für den einen oder anderen störend wirken, dass die Live-Musik aus der benachbarten Bar direkt auch das Restaurant beschallt. Ich fand es sehr angenehm, es gab dem Ambiente eine Note aus Lounge und Jazz-Bar.
Fazit: Berlin hat mit dem Parioli einen exzellenten Italiener bekommen, der auf höchstem Niveau mediterrane Köstlichkeiten zaubert, die man so bisher nicht unbedingt gekannt hat. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist angemessen. Es wird nicht einfach nur ein Glas pro Gang kredenzt, sondern ganz selbstverständlich nachgeschenkt. Dies habe ich bisher nur selten erlebt. Empfehlenswert!