Wacholder hat in den letzten Jahren wie kaum eine andere Frucht an Bedeutung in der Gastronomie gewonnen. Der Gin-Boom, der sich sowohl national als auch international immer noch ausweitet, ist an Intensität und Geschwindigkeit kaum zu überbieten. Die britischen Autoren Joel Harrison und Neil Ridley haben sich für uns geopfert und soviel Ginsorten wie möglich getestet und getrunken. Die Reduktion all dieser Trinkerlebnisse haben sie im „Gin Atlas – Die besten Gins aus über 50 Ländern“ zusammengefasst.
Interessanterweise sind es beim Gin-Boom oft regionale Hersteller, die an Bedeutung gewinnen, hingegen andere Trends oft von großen Spirituosenherstellern getragen werden, siehe die Aperol Spritz-Welle. Auch waren es Gastronomen, besonders die kreative Zunft der Barkeeper, die diesen Trend in die Betriebe trugen, und nicht teure Werbekampagnen, die eine Nachfrage generiert haben. Mit der Rückbesinnung auf alte Cocktailrezepte, die oftmals auf Gin basieren, und der Fähigkeit, diese in einem modernen Kontext zu stellen, stieg das Verlangen nach neuen Produkten.
Contents
Wie alles begann?
Den Beginn des Booms genau festzumachen ist keine leichte Aufgabe. Es war wohl doch eine der bekannten Marken, die den Gin Mitte der 1980er-Jahre vor dem Aussterben bewahrt hat, allerdings unter ganz anderen Vorzeichen. Bombay Gin hat 1987 den Sapphire eingeführt und sich damit gegen die Dominanz von Wodka in der Barszene gestellt. Damals hieß die Devise, den Gin geschmacklich milder und damit dem Wodka ähnlicher zu machen. Als nun rund 15 Jahre später Barkeeper in aller Welt begannen, Cocktails aus der Prohibitionszeit und noch ältere Rezepte neu zu entdecken, brauchte man geschmacklich ausgeprägte Varianten, um das volle Potential der Drinks ins Glas zu bringen.
Die Hersteller fingen an, auf diesen Trend zu reagieren, zumal die Nachfrage nach Gin in allen Bereichen stieg. So wurden spätestens seit 2010 in immer kürzerer Abständen alte Ginrezepte wiederbelebt und zumindest als Limited Edition herausgebracht, man denke hier zum Beispiel an den Tanqueray Malacca, oder neue Ginsorten entworfen. Und nun kam ein Phänomen dazu, nämlich dass immer häufiger Produzenten aus Ländern, die man nicht unbedingt als Ginmeister auf der Rechnung hatte, anfingen, in größerem Maßstab Gin zu produzieren und diesen auch überregional zu vermarkten.
Ähnliches war zuvor schon bei anderen Spirituosen beobachtet worden, wie etwa Whisky, dessen Boom seit Mitte der 1990er-Jahre dazu führte, dass heute eine unglaubliche Zahl an Brennereien außerhalb der klassischen Länder Whisky hervorbringt. Allerdings besteht zum Gin ein wesentlicher Unterschied.
Whisky aus Deutschland tut sich selbst in Deutschland relativ schwer, trotzdem existieren in unserem Land über 100 Brennereien, die Whisky erzeugen. Der Absatz erfolgt aber oft im Direktverkauf oder über den Spezialitätenhandel. Bei Gin liegt die Sache anders. Es lassen sich leicht Beispiele für Ginsorten finden, die sehr schnell weit über ihre Herkunftsregion hinaus bekannt wurden, wie etwa Reisetbauers Blue Gin oder Monkey 47 aus dem Schwarzwald. Dies mag wohl mit der Beschaffenheit des Produktes an sich zusammenhängen, da Gin im Gegensatz zu Whisky nicht gelagert werden muss und daher in relativ kurzer Zeit in größeren Mengen hergestellt werden kann.
Ein spannender Unterschied zwischen Deutschland und Österreich: Während in Österreich viele der Edelbrenner Gin als zusätzliches Produkt in ihr klassisches Portfolio aufnehmen, gibt es in Deutschland immer wieder Pop-ups, die ausschließlich zum Zweck der Ginherstellung gegründet wurden. Als Beispiele dafür seien The Duke oder Gin Hude genannt.
So erfreulich die Entwicklung neuer Ginsorten auch ist, so schwierig wird es für Konsumenten wie Wirte, sich im immer dichter werdenden Dschungel der Abfüllungen und Geschmäcker zurechtzufinden. Immer neue Zutaten werden für Gin verwendet, denn die Definition von Gin lässt hier viele Freiheiten. Gin besteht aus einem Basisalkohol, der aus landwirtschaftlichem Ursprung sein muss. Hinter dieser umständlichen Formulierung verbirgt sich, dass nicht nur neutraler Getreidealkohol verwendet werden darf. Auch reine Destillate aus Obst, wie etwa Apfel (Cap Rock Gin, USA), Wein (G’Vine, Frankreich), Bier (BB Dschin, Österreich) oder reinem Gerstenmalz (Kalt, Schottland) sind erlaubt. Bei der Aromatisierung muss Wacholder verwendet werden, alle anderen Botanicals sind beliebig wählbar.
Klassischer und Moderner Gin
Während klassische Ginsorten meist mit fünf bis zehn solcher Zutaten in ihren Rezepten auskommen, scheint die Liste bei modernen Ginversionen ins Unendliche auszuarten. Im Extremfall werden über 70 Zutaten verwendet (Gansloser Black Gin, Deutschland – 74 Zutaten), üblich sind Listen von 20 und mehr aromatisierenden Stoffen, wie etwa bei Gin Mare, der mit seiner Aromatik von Basilikum, Rosmarin und Oliven ein Mittelmeerfeeling ins Glas zaubert und perfekt zu Tapas passt. Das führt natürlich auch zu einer geschmacklichen Bandbreite, die sich Gastronomen, Barkeepern und letztlich auch dem Kunden eröffnet, erleichtert allerdings die Auswahl der richtigen Abfüllungen keineswegs.
Wenn man hier wieder die Definition eines Gins bemüht, muss der Wacholder geschmacklich erkennbar sein. Da sich der Geschmack allerdings nicht zu hundert Prozent objektivieren lässt, sind hier den Herstellern viele Freiheiten eingeräumt. Die Grenzen der Definition von ein werden auch tatsächlich ausgenützt, gedehnt und machmal auch gebrochen. So finden wir heute Zutaten auf der Liste einiger Giranten, die mehr als wunderlich klingen. Ebenso landen einige Ginsorten vor ihrer Abfüllung in Fässern, was nicht ausdrücklich verboten ist. Unter dem Schlagwort „Cask resting“ entstanden so Abfüllungen wie Haymann’s Family Reserve Gin (Scotchfass) oder Beefeater Burrough’s Reserve (Lillet-Faß) und Citadelle Réserve (Cognacfass).No. 209 Gin aus San Francisco experimentiert mit Sauvignon Blanc- und Cabernet-Sauvignon-Fässern aus Napa Valley. Die geschmackliche Welt des Gins bleibt also spannend.
Gin Tonic – ein Klassiker im Wandel
Noch vor zehn Jahren war der Gin Tonic ein Überbleibsel einer vergangenen Zeit. Viele Restaurants und Bars hatten Wine oder zwei klassische Ginsorten und dazu ein Tonic, zumeist mit dem Schriftzug einer altehrwürdigen, englischen Firma. G&T wurde von Mittfünfzigern bestellt, die Wahl erschien umkreativ. Für junge Leute schien der herbe Gin mit der Bitterkeit des Tonics eher nicht geeignet. Doch war dieser Longdrink immer die geheime Leidenschaft vieler Barkeeper. Sie hielten dem Drink, der schnell zu machen ist und eine wahrhafte Erfrischung darstellt, stets die Treue. Mit dem Aufkommen neuer Ginsorten erlebte auch der Gin Tonic seine Renaissance.
Man begann, auf die Geschmacksvielfalt des Gins abzuzielen und sie mit dem Tonic zu verstärken oder bewusste Kontrapunkte zu setzen. Mit neuen Gins tauchten auch immer mehr neue Tonics auf dem Markt auf. Auch in der Auswahl der Condiments bzw. Dekorationen ist seither Kreativität angesagt. Als Vorreiter fungierte Hendrick’s Gin, der die Frische der Gurke als Charakteristikum im Geschmack trägt und statt der obligaten Zitronenscheibe ein Stück Gurke im Drink propagiert.
Heute ufert die die Gin-und-Tonic-Kultur zunehmend aus, so findet man beispielsweise in einem auf amerikanisches Essen spezialisierten Lokal in Wien zwölf Gins, die mit vier verschiedenen Tonics zu insgesamt vierundzwanzig G&T-Varianten mit diversen Demos zusammengestellt werden. Die Demos reichen hier von Himbeeren über Grapefruit bis hin zu Ingwer, Chilis und marinierten Rosenblättern.
Die Tatsache, dass der Kreativität hier kaum noch Grenzen gesetzt sind, wirft allerdings die berechtigte Frage auf, was ein sinnvolles Maß and Gin-und-Tonic-Varianten darstellt. Diese Frage muss jeder Gastronom selbst beantworten – und natürlich sollte der Wunsch des Gastes im Vordergrund stehen.
Gin Atlas: Das neue Standardwerk
Nie gab es eine verblüffendere Revolution in der Welt der Spirituosen als die aktuelle Renaissance des Gin. Der Reiz seiner Vielfalt ist enorm: In aller Welt sprießen Gin-Manufakturen aus dem Boden; von Texas bis Tasmanien werden mehr Varianten und Verfahren geboten als je zuvor. Von der kleinen regionalen Destille, die mit regionalen Zutaten arbeitet bis zu den Großdestillerien, die einige der berühmtesten Gin-Marken herstellen, befasst sich Gin Atlas, der Welt-Atlas des Gin, mit jedem Aspekt seiner Entstehung und stellt Gins aus über 50 Ländern und ihre Entstehung und Eigenschaften vor. Wie und wo werden die Zutaten geerntet? Welche Rolle spielen sie für das Geschmackserlebnis? Welche Geschichte und Geschichten prägen Hersteller und Marken, wo und wie genau werden Gins gemacht, und welche sollten in welchen Ländern unbedingt probiert werden? Der Gin Atlas ist ein Standardwerk und Must-Have für alle, die mehr über Gin, seine Geschichte und Herstellung wissen möchten.
Im ersten Teil des Buches geht es um die Einführung in die wichtigsten Themen rund um Gin:
- Was ist Gin?
- Geschichte des Gins
- Die globale Vielfalt des Gins
- Herstellung: Destillieranlage und Zutaten
- Bedeutung des Wacholders
- Botanicals: die persönliche DNA des Gins
- Gin richtig verkosten
- Gin-Cocktails aus aller Welt.
Im zweiten Teil des Gin Atlas beginnt die Reise in die Welt des Gins. Hier wird Gin aus allen Winkeln der Welt vorgestellt: Europa, Nordamerika, Zentral- und Südamerika, Naher Osten und Afrika, Australien und Neuseeland, Asien. Je nach Ausprägung der Gin-Kultur wird innerhalb der Kontinente natürlich noch weiter nach Ländern und Regionen differenziert.
Der Gin-Atlas ist nach „Distilled“ und „Straight up“ bereits die dritte Veröffentlichung der englischen Experten für Spirituosen Joel Harrison und Neil Ridley.
Auch wenn Gin ursprünglich vom europäischen Kontinent stammt, gilt England heute als Wiege des Gins. Schon seit 1769 wird er dort produziert. 2008 wurde der London Gin schliesslich durch EU-Richtlinien besonders geschützt. Nn erlebt das Traditionsgetränk ein unglaubliches Comeback und ist der große Gewinner unter den klassischen Longdrinks. Eine Bar, die etwas auf sich hält, hat definitiv einen guten Gin Tonic oder am besten mehrere Variationen im Angebot.
Gin etablierte sich immer mehr als Teil der gut sortierten Hausbar und hat damit den Sprung zum Lifestyleprodukt geschafft. Selbst in der Biernation Deutschland haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr Destillerien dem Wacholderschnaps verschrieben. Deutschland muss sich keinesfalls mit seinen Gin Produktionen verstecken. Immer mehr deutsche Marken erobern den Markt, schließlich kennen wir uns mit dem Brennen von Korn und Obstbränden aus. Zu den bekanntesten Marken zählen sicher „Monkey 47“ oder „The Duke Munich“.
Alle Gins werden in überwiegend ausführlichen, teils auch kürzeren Porträts vorgestellt. Aus Deutschland sind zum Beispiel der „Monkey 47“ (Baden-Württemberg), Gin Sul aus Hamburg und der Berliner dry Gin dabei. Im Zentrum der Porträts stehen dabei stets die Geschichte, die Herstellung und das Geschmacksprofil des Gins.
Gin-Atlas: Die Renaissance des Gins
Joel Harrison und Neil Ridley haben es sich mit dem Gin Atlas zur Aufgabe gemacht, der Geschichte des Gins auf den Grund zu gehen. Sie möchten dem Leser ihre Welt des Hochprozentigem, sowie deren unglaubliche Vielzahl näher bringen.
Wie und wo werden die Zutaten geerntet? Welche rolle spielen sie für das Geschmackserlebnis? Welche Geschichte und Geschichten prägen Hersteller und Marken? Wo und wie genau werden Gins gemacht und welche sollten in welchen Ländern unbedingt verkostet werden.
Endlich gibt es mit dem Gin Atlas ein Standardwerk für alle, die mehr über Gin, seine Geschichte und Herstellung wissen möchten: ein absolutes Must-have für jeden Gin-Liebhaber.
Gin Atlas: Die Autoren
Joel Harrison ist zusammen mit Neil Ridley die führende Quelle für Fachkenntnis und Pioniergeist in der Welt des Hochprozentigen. Ob Whisky oder Gin, Cognac oder Cocktails, das Duo ist eine Fundgrube des Wissens für interessiertes Publikum rund um den Globus. Sie schreiben nicht nur für mehrere Zeitschriften weltweit, wie etwa in The Telegraph und World of Fine Wine, sondern sind auch regelmäßige TV-Gäste und überdies Juroren für die prestigeträchtigen ‚International Wine and Spirit Competition (IWSC)‘-Awards. Ihr erstes Buch, Spirits, gewann 2015 die ‚Fortnum & Mason‘-Auszeichnung Drink Book of the Year. Ihr zweites, Straight Up, wurde im Oktober 2017 veröffentlicht.
Gin Atlas: Die Optik
Klares Layout mit Karten zur geografischen Orientierung und Abbildungen der vorgestellten Gins.
Gin Atlas: Das Fazit
Der Gin Atlas ist eine wunderbare Reise in die Welt des Gins, die jeder im Regal haben sollte, der der Faszination der Wacholder-Spirituose erlegen ist oder sie noch erleben möchte. Der ZS Verlag hat mit diesem Gin Atlas ein aktuelles Standardwerk erzeugt, das jeder Ginliebhaber in seinem Schrank haben sollte.
Service:
Den Gin-Atlas bei Amazon kaufen.