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Das perfekte Wirtshaus: Gibt es das noch?

by Götz A. Primke

Juergen Roth Das perfekte Wirthshaus Oktober VerlagEin Denkmal der Wirtshauskultur! Mit Sicherheit war das nicht die eigentliche Intention, die Jürgen Roth hatte, als er sich daran machte, für die Frankfurter Rundschau über Wirtshäuser und Kneipen zu philosophieren. Doch wollte er auch keinen Reiseführer schreiben, keinen weiteren Restaurantführer erschaffen. Der Autor war eher auf der Suche nach der Antwort auf Fragen wie: Was macht ein gutes Wirtshaus aus? Das gute Bier, das schmackhafte Essen, das gesellige Beisammensein? Ist es der Ort, an dem die Zeit stehenbleibt? Herausgekommen ist eine Sammlung von literarischen Feuilletons, von Anekdoten, Geschichten, Glossen, Essays. Sie beschreiben die Eigentümlichkeiten unterschiedlicher Trinkorte, wie der Autor es selbst darstellt. Er wollte sich vor allem mit dem Niedergang der Wirtshauskultur beschäftigen und so wird so manche Kneipe, die in diesem Buch beschrieben wird, heute nicht mehr existieren. Wir haben uns das Buch von Jürgen Roth: Das perfekte Wirtshaus, erschienen im Oktober Verlag, mal genauer durchgelesen.

Wenn Linksintellektuelle einen trinken gehen, dann muss das gleich etwas mit Kultur zu tun haben. Der gewöhnliche Normalo, der Spießbürger, der Prolet geht nur in die Kneipe. Der intellektuelle Anspruch verlangt nach dem Feuilleton, nach der Kultur. Da der Autor in Franken geboren ist und in Frankfurt wohnt, ist sein Bedarf an Bier schier unermesslich und unerschöpflich. Genauso allerdings sein Händchen immer in den komischsten, merkwürdigsten, interessantesten Spelunken zu versacken. Hier wird eher die Kneipe um die Ecke als das gehobene Gasthaus beschrieben. Bei so manchem Lokal kann man sich denken, ob der Wirt nicht sein bester Gast ist.

Auf der einen Seite zitiert Jürgen Roth den Präsidenten des Deutschen Brauer-Bundes, Richard Weber, dass das „Bier in Zukunft süßer und weniger hopfig“, zum anderen ist sein Buch an vielen Stellen ein großartiges Plädoyer für eine bessere, geschmacksreichere Braukultur. Hier lässt der Trend zum Craft-Bier grüßen.

Zum anderen aber empfiehlt er in München neben dem Oktoberfest nur das Hofbräuhaus, das zwar ein sehr gutes Wirtshaus ist, doch extrem touristisch und das Bier ist nicht aussergewöhnlich. Doch das Hofbräuhaus ist der Kosmos im Miniaturformat. Multikulturell und bayerisch. Traditionell und international. Aber vielleicht will er so manchen Geheimtipp nur für sich behalten, denn, so schreibt Jürgen Roth auch im Vorwort, hätte er auch zu so manch‘ anderem Lokal etwas schreiben können. So sind naturgemäß die meisten Geschichten aus Lokalen rund um Frankfurt und dem Frankenland. Doch es zieht ihn auch an die Ostsee, nach Russland, Dänemark, Norwegen, in die Schweiz und sogar bis in die USA und Australien. Wellness-Freunden sei übrigens das Interview „Wellness contra Wirtshaus“ nahegelegt, in der wir eine wundervolle Kombination dieser beiden erlernen.

Fazit: Das Buch ist optimal als Zweit-, Dritt- oder gar Viertbuch. Denn ähnlich wie beim Bier und im Gegensatz zu Frauen macht es diesem Buch nichts aus, wenn man es zeitgleich mit anderen Büchern liest. Es ist ein schönes kleines Geschenk, ein Mitbringsel für Freunde, Kumpels, Saufkumpanen. Es ist für Liebhaber von Bier, Gaststätten, Wirtshäusern, Kneipen und anderen Lokalen. Es ist eine Momentaufnahme, ein Denkmal der Wirtshauskultur, wie sie einmal war, wie sie an immer weniger Orten noch ist. Wie sie angesichts des Kneipensterbens bald nicht mehr sein wird. Es ist ideal zum Zwischendurch lesen. Zum Entspannen, zum Abschalten, um mal an etwas anderes zu denken. Es ist also eine optimale Klo-Lektüre, die Geschichten sind kurz und lang und passen so für alle Lagen und Sitzungen. Oder auch als Gute-Nacht-Lektüre. Doch schreibt Jürgen Roth so herzerfrischend ironisch, satirisch, zynisch und realistisch, dass es dem Leser eine schlaflose Nacht bringen könnte und er das Buch in einem Zug durchliest.

Autor: Roth, Jürgen
ISBN: 978-3-938568-89-7
Seitenzahl: 317
Cover/Bindung: Softcover
Oktober-Verlag

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