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Beirut: Das Paris des Ostens erlebt seine Renaissance

by Götz A. Primke

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Beirut ist zurück! Der Libanon lockt! Die Zedern zeigen zielstrebig den Weg des Landes: nach oben! Die stolze libanesische Zeder ist in der Fahne des kleinen Staates zwischen Syrien und Mittelmeer verewigt. Und so stolz wie dieser Baum aussieht, eben so stolz fühlen sich die Libanesen. Dieses Gefühl ist nicht unbegründet. Denn sie betonen, dass sie keine Araber sind. Sie sind nichts weniger als die Nachfahren der Phönizier, die schon den alten Griechen und Römern das Leben rund um das Mittelmeer erschwert haben. Die Phönizier führen Beirut, das „Paris des Ostens“, dahin, wo es schon früher war. Die Stadt lebt! Ebenso wie die Zedern wachsen die modernen Hochhäuser zielstrebig nach oben. Beirut hat das wohl lebendigste Nachtleben rund um das Mittelmeer.

Wo geht’s hin? Verrückt geworden? – So oder so ähnlich waren die Reaktionen, als ich Familie und Freunden eröffnete, dass mich die nächste Reise nach Beirut, ja genau: in den Libanon führen würde. Herrscht da nicht immer noch Bürgerkrieg? Konflikte mit den Palästinensern, den Israelis, die syrischen Flüchtlinge? Gleichzeitig habe ich schon viel Spannendes, Interessantes, Faszinierendes über den Libanon gelesen, so dass ich die Einladung sehr gerne angenommen habe. Der Bürgerkrieg ist schliesslich schon seit 20 Jahren vorbei. Araber? Das sind die Flüchtlinge aus den Nachbarländern.

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Schon der Anflug auf Beirut ist grossartig. Als Einstimmung hier der Start mit MEA Air Liban von Frankfurt nach Beirut an einem kühlen, regnerischen Herbsttag:

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Und wir landeten bei strahlendem Sonnenschein, einem wunderschön blau glänzendem Mittelmeer und angenehmen Temperaturen in Beirut. Die Szenerie an der stark bebauten Küste spricht Bände. Das bergige Hinterland liegt dicht am Mittelmeer. Bauland ist kostbar. Beirut ist eine vibrierende Metropole, in der sich viele Kulturen und Religionen die Hand geben – oder eben auch nicht. Doch diese beeindruckend schöne Lage am Mittelmeer lässt verstehen, warum viele Menschen direkt dort leben möchten.

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Auf meiner Fahrt vom Flughafen zum Hotel erhielt ich bereits einen ersten Eindruck der Stadt. Sie erstickt am Verkehrsstau, öffentliche Verkehrsmittel sind augenscheinlich Mangelware. Die Stadt ist laut, überall wird gebaut, Hochhäuser prägen die Stadt. Eine wirkliche „Altstadt“ bzw. das, was wir Europäer darunter verstehen, habe ich nicht gesehen. Dafür aber beeindruckende, moderne, neue Hochhäuser. Und überall wird versucht, noch höher zu bauen. Der Weg führte uns zum Phoenicia Intercontinental Hotel, das nur von einer Strasse getrennt, fast direkt am Strand liegt. Schon die Zufahrt ist beeindruckend, die Sicherheitsmassnahmen allerdings auch. Das Taxi, das mich zum Hotel fährt, wird mit Spiegeln auf Bomben am Unterboden untersucht – es erinnert mich sehr an die deutsch-deutsche Grenze bei unseren Familienbesuchen in Dresden in den 80ern. Gleich am Entrée des Hotels wird mein Gepäck von einer Sicherheitsschleuse gecheckt, ich laufe durch einen Metallscanner durch. Wie am Flughafen also.

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Der Einblick in mein Zimmer #529 im Phoenicia Intercontinental Hotel in Beirut, Libanon:

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Das Phoenicia Intercontinental Hotel ist eine Grande Dame der internationalen Hotellerie. Das Hochhaus ist durchaus schon etwas betagter. Doch sind die Zimmer und alle Räume des Hotels auf allerneuestem Standard und lassen keine Wünsche offen. Wirklich ein klassisches Grand Hotel.

Hotels wie das „Phoenicia“, eines der ehrwürdigsten der Stadt, vor 51 Jahren eröffnet, waren einst Schauplatz des mondänen, europäischen Dolce Vita des Orients. Und sind es, nach dem Bürgerkrieg, auch heute längst wieder. Hier vergnügten sich schon damals Millionen schwere Amerikaner und Europäer bei legendären Champagnerpartys und Pool-Modenschauen und gekrönte Häupter trafen sich mit Industrie Tycoons. Heute erstrahlt das faktisch neu gestaltete Haus noch großzügiger und glamouröser – und ist so sicher wie die berühmte Bank von England, dank ausgeklügelter Sicherheitsschleusen. Hier checkten Größen ein wie Shakira, Pit Bull oder auch die Red Hot Chili Peppers, die Konzerte in der Stadt geben. Auch Angelina Jolie ließ sich als Uno-Botschafterin der Flüchtlingshilfe inkognito ins Hotel geleiten. Und Kofi Annan war unter den VIP-Gästen, unterwegs auf schwieriger Friedensmission im Nachbarland Syrien.

Die prachtvollen Zimmer erlauben den atemberaubenden Blick auf den bei Nacht glitzernd flirrenden Lichterbogen der Mittelmeerküste. Immer noch betten hier die reichsten arabischen Prinzen, russischen Oligarchen und internationalen Geschäftsleute ihre Häupter, aber auch Touristen entdecken wieder zunehmend die wundervolle Stadt und die Hotellegende, die sich bemüht, an den Glanz von einst anzuknüpfen – auch wenn es rund um den Pool heute etwas gediegener geworden ist. Eines der Highlights heute ist das Restaurant „Eau de Vie“ im 11. Stock. Hier treffen sich am Abend nach einem köstlichen Dinner vor allem auch Liebhaber besonderer Whiskys. Schließlich gibt es wohl kaum einen besseren Spot in der Millionencity Beirut, der nur annähernd eine solch ausgesuchte und umfassende Auswahl dieser edlen Tropfen zu bieten hat!

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Beirut ist eine Stadt der Überblendungen. Große Geschichte und schwierige Gegenwart, Bürgerkrieg und Blingbling, Badestrände und Berge, alles ist irgendwie miteinander verwoben. Und seit Beginn des Arabischen Frühlings wird auch im Libanon vereinzelt wieder geschossen, für die Grenzgebiete zu Syrien und Israel gilt eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Die Bekaa-Ebene, die Hochebene zwischen den Gebirgszügen des Libanongebirges und dem Anti-Libanon ist nach wie vor unsicher, zumal sie als Rückzugsort syrischer Rebellen genutzt wird – gegen den Willen der libanesischen Bevölkerung.

Und doch lohnt Beirut einen Besuch. Gerade für „Orient-Einsteiger“ bietet die Stadt eine ebenso schnelle wie faszinierende Reise durch die Zeiten und Welten. Und das, wenn man will, sogar zu Fuß.

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Beirut – Hauptstadt des Genusses

Egal ob jung oder alt, wer es sich leisten kann, bevölkert des Nachts einen der Clubs im Stadtteil Gemmayze, nachdem er ein paar Runden mit seinem Ferrari, Porsche oder Lamborghini gedreht hat. Wer allerdings schon tagsüber hier etwas Besonderes sucht, bevor die reiche Elite einfällt, trifft sich in der Tagesbar der Libanesin Christine Codsi. Das einem Kolonialwarenladen nachempfundene „Souke el Tayeb – Tawlet“ lockt täglich Insider und Einheimische an sein Buffet. Zubereitet werden die Speisen von stets wechselnden Köchinnen aus der ländlichen Umgebung der Hauptstadt. Im „Tawlet“ schmeckt noch alles wie bei den Müttern auf dem Land. Egal ob frittierte Reisbällchen, Humus, frisches Lammhack, Linsen, zartes gedünstetes Gemüse – hier ist alles traditionell libanesisch-französisch! Und natürlich trinkt man auch hier schon zum Lunch den landestypischen Arak mit Wasser.

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Das lebendige, moderne Beirut findet man dagegen rund um die drei Universitäten, in Studentenkneipen, Galerien und kleinen Geschäften der „Hamra“, der traditionellen Einkaufsstraße. Im Hafenviertel haben sich zwischen Ruinen, Baustellen und verwohnten Altbauten Designer eingerichtet, die alles bieten von Haute Couture bis zu gruftigen Kreationen. Viele sind lange in London gewesen, in Mailand oder Amsterdam. Wie in Europa, so ist es auch unter Beiruts Designern Mode, sich zwischen Ruinen zu präsentieren. Wo es zu schön wird, ziehen sie weiter.

Aber auch in den streng muslimischen alten Viertel der Stadt, heißt es wie über all in Beirut leben und genießen. Tagsüber treffen sich die alten Männer des Viertels in den kleinen Teestuben um gemeinsam bei einem entspannten Kartenspiel gelassen ihre Schischas zu rauchen und am dunklen aromatischen Tee aus kleinen Gläsern zu nippen. Bitter süß ist das, was dort serviert wird, und es schmeckt verführerisch nach Karamell und Röststoffe bis hin zu hellem Tabak. Im einem der winzigen Läden des Viertels rühren derweil drei Brüder eine Süßspeise aus Honig, Reis Zucker und Mandeln an die sie täglich frisch unter die Leute bringen, eine Spezialität deren Namen mir bis heute ein Rätsel ist. Und dann sind da noch die kleinen Händler wie Abdul mit seinem Obst und Gemüsewagen deren Waren vielleicht nicht so prächtig wie die aus den Supermärkten hier zu Lande glänzen, dafür aber noch so schmecken, wie man sich das von Tomaten, Äpfeln, Bananen, Gurken Auberginen und allerlei mehr wünscht!

Wer also eine Reise in das unaufgeregte, wunderbaren Beirut wagt, wird schnell entdecken, es gibt keinen Ort in dieser pulsierenden City, der nicht wenn auch nur peripher mit kulinarischen Freuden verknüpft ist und selbst an der Corniche, wo sich die Familien bis spät in die Nacht treffen, dampft und duftet es nach Tee und aller Arten von Köstlichkeiten. Die frisch sanierte Promenade ist am Wochenende der Lieblingsplatz der Beiruter Familien, die abends zum Eisessen, Angeln, Radfahren oder einfach zum Reden herkommen. Oder man besucht eines der ungezählten Restaurants, Bars und Cafés – am besten zum Essen. Während man entspannt den Blick über das ewig rauschende Mittelmeer schweifen lassen kann und das Leben feiert. Schließlich ist man in Beirut dem einstigen Paris des Orients, einer Stadt die in den letzten Jahren ihre Renaissance erlebt.

Essen ist im Libanon verbindendes Element. Bei einer Shisha, der Wasserpfeife, und den allgegenwärtigen Mezze aus tausenderlei libanesischen Vorspeisen hört man dann tausenderlei Geschichten. Möglich, dass man auch mal auf Deutsch angesprochen wird. Es gibt Rückkehrerfamilien, die nach einem Gastarbeiterleben in Deutschland hier wieder Fuß gefasst haben. Und dann ist da noch die stolze und schöne Libanesin mit kanadischem Pass und Job bei einer grossen Bank, die mir zweisprachig fliessend in englisch und französisch das Nightlife ihrer Heimatstadt präsentiert, während wir in ihrem alten klapprigen Auto durch die engen Gassen heizen und mal hier in einer Bar, mal dort in einem szenigen Club einen Halt für einen Cocktail einlegen.

Überhaupt hat der Libanon fast mehr mediterrane als orientalische Seiten, nicht nur in der Zwei-Millionen-Stadt Beirut, in der man schon mal über römische Thermen stolpert.

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Beirut Paris des Ostens Hotel Phoenicia InterContinental Beirut Libanon 06_Marinus_Okt_2014_013In Hafenstädtchen wie Byblos, gut eine Autostunde von Beirut entfernt, fühlt man sich zwischen Hafenrestaurants, Ausflugsbooten und Ausgrabungsstätten nach Italien oder Griechenland versetzt – bis einen die Rufe der Imame, die allgegenwärtigen Militärposten oder auch die aktuellen Nachrichten zurück in die Wirklichkeit des Libanon holen. Morgen kann alles schon wieder ganz anders sein.


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