225 Liter – Der Name ist Programm. Genau diese Menge passt in ein schönes Barrique-Faß. Nicht mehr, nicht weniger. Die Weinfachhändler Katrin Kohl und Stefan Grote haben sich nicht nur diese Menge, sondern auch die Qualität eines edlen im Barrique-Faß ausgebauten Weines zum Motto genommen. Wein ist Poesie in Flaschen – Emotionen, Bilder im Kopf, hunderte unterschiedlicher Aromen in der Nase und im Mund. Damit Kunden und ausgewählte Fachjournalisten die neuesten Kreszenzen ausgesuchter Winzer verkosten können, hatte „225 Liter Handverlesene Weine“ am gestrigen Donnerstag in die Räume des Europäischen Patentamtes in München gebeten. Le Gourmand war für Euch dabei und hat sich durch die folgenden Kreationen durchprobiert.
„Weine, die Spaß machen, deren komplexe Aromen man mit jedem Schluck neu erschmeckt, deren Charakter geprägt ist von dem Boden, auf dem sie gedeihen, von den Rebsorten und der Handschrift des Winzers, der sie geschaffen hat“ – so lyrisch und lecker schildert es der Weinfachhändler selbst auf seiner Seite. Abseits der ausgetretenen Pfade und industrieller Massenproduktion suchen sie kleine Winzer, die mit absoluten Top-Qualitäten zu überzeugen wissen. Gestern also war es wieder soweit: Wir hatten die Möglichkeit nicht nur den Weinhändler kennenzulernen, sondern eben auch den persönlichen Kontakt zum Winzer, konnten uns mit ihm unterhalten, können so einen persönlichen Bezug zu der Flasche vor uns bekommen, zu dem Wein, der sich in unserem Glase befindet.
Wir verkosteten folgende Weine:
– die natürlich fast ausnahmslos alle eigentlich noch viel zu jung zum Trinken sind! Unter Vinophilen heisst sowas dann auch etwas böse „Kindermord“. Denn einige dieser Weiß- und vor allem der Rotweine sind noch lange nicht „ready to drink“. Sinn und Zweck so einer Veranstaltung ist es, einen Geschmack zu bekommen und sich vorzustellen, wie sich der Wein in den nächsten 3, 5, 10 oder gar 20 Jahren entwickeln könnte. Also: Jetzt kaufen, denn der Winzer und auch der Händler hat nur jetzt diese Weine. Dann in den Keller legen. Und vergessen. Für die nächsten Jahre. Doch, sorry, auch mir fällt das permanent schwer.
Der einzige Winzer aus deutschen Landen, der bei dieser Degustation dabei war, stammt von der Mosel. Das Weingut Franzen wurde vertreten durch das Jungwinzerpaar Kilian Franzen & Angelina Lenz, das das Weingut erst im letzten Jahr von den Eltern übernommen hatte. Sie brachten uns folgende Tropfen aus ihren Steillagen mit:
- FranZero Riesling 2011: Einer der ganz wenigen ready-to-drink-Weine. Knochentrockener Mosel-Riesling, reinrassig, knackig und feinwürzig.
- „Der Sommer war sehr groß“, Riesling 2011: Duft: elegant, frisch, nach Weingartenpfirsich, dezente Schieferwürze; Geschmack: saftig, mineralische Würze im Wechselspiel mit feinem Pfirsich, dezente Aromen von Zitrus und grünem Apfel, zarte Fruchtsüße.
- Neefer Frauenberg Goldkapsel Riesling Großes Gewächs 2011: Duft: feiner Duft von Pfirsich und Aprikose, dezente Schieferwürze; Geschmack: konzentriert, kraftvoll, üppige Aromatik von Trockenfrüchten gepaart mit dezenter Würze vom Schiefer. Elegant, etwas femininer und weniger streng als der Calmont, spannender Vergleich der beiden Toplagen!
- Bremmer Calmont Goldkapsel Riesling Großes Gewächs 2011: Duft: Aprikose, Zitrus, Kräuter, dunkel rauchig, nasse Kieselsteine; Geschmack: reife Aprikose, Pfirsich, Orangenschale, im Nachhall rauchige Mineralität, belebende Säure. Eleganter Mosel-Riesling aus der steilsten Weinlage Europas, dem Bremmer Calmont, von 50-70 Jahre alten Rebstöcken! Lagerpotential für 10-15 Jahre.
- Calidus Mons Riesling 2011: Der König der Rieslinge, von 80-100 Jahre alten wurzelechten Rebstöcken! Karge steinige Böden im gigantischen Amphitheater des Bremmer Calmont, steilste Lagen in idealer Südausrichtung.
Die folgenden Winzer hatten alle aus Österreich den Weg nach München gefunden. Dies liegt zum einen an der Nähe Münchens zu unseren südlichen Nachbarn. Zum anderen auch an den hervorragenden Spitzenqualitäten der alpenländischen Winzer in den letzten Jahrzehnten. Ich staune immer wieder, was so ein Glykol-Skandal in der Folge an positiver Wirkung hatte. Schon seit Jahren gehören Austrias Weingüter auf die Weinkarte jedes Top-Restaurants und in die Keller der Weinliebhaber.
Martin Kohl vom Weingut Kohl im Weinviertel wartete mit diesen Kreszenzen auf:
- Riesling 2011: Duft: frisch nach Zitrus, Birne, Steinobst, frischem Brot; Geschmack: erfrischende zitronige Rieslingsäure, Aromen von Zitronen, weißen Pfirsichen.
- Pinot Blanc 2011: Duft: intensiver Duft nach Birne, etwas Buttercroissant, zart würzig; Geschmack: reife Birnen und Aprikosen, etwas Zimt, frische, leichtfüßige Säure.
- Grüner Veltliner Kittl Weinviertel DAC 2011: Duft: intensive Noten von Birnen, Ananas, kühle Würze; Geschmack: cremige Würze, kraftvoll, exotische Aromen. Dicht, kraftvoll, cremig, mit langem Abgang – ein Traum von Grünem Veltliner von über 50-jährigen Rebstöcken!
- Kohloss Grüner Veltliner Reserve 2011: Kolossale Frucht in der Nase und am Gaumen: reife, sehr fruchtige Anklänge, am Gaumen kraftvoll mit viel Druck und feiner Säure. Der Grüne Veltliner KOHLOSS wird nur in den besten Jahren gekeltert, nur die reifesten und gesündesten Trauben wurden dafür Anfang November sorgfältig per Hand gelesen.
- Zwiefänger Zweigelt Barrique 2009: Das Flaggschiff der Kohl-Rotweine, 14 Monate im Doppel-Barrique (500l-Eichenholzfass) gereift. Duft: intensive dunkle Frucht und Schokolade; am Gaumen rund, kraftvolle Frucht und Würze mit samtigen Tanninen – ein idealer Genießerwein für die kalte Jahreszeit.
Bernhard Ernst vom Weingut Ernst im Mittelburgenland ließ uns an diesen Tropfen teilhaben:
- Welschriesling Steinriegel 2010: Außergewöhnlich, Welschriesling – eigentlich der österreichische Klassiker einfacher Jausenweine – hier mit großer Klasse und im großen Holzfass gereift! Duft: deutliche steinig-mineralische Noten, gepaart mit Anklängen von frischen Birnen; Geschmack: dicht, mineralisch, markante Säure, spannende Textur.
- Blaufränkisch Hochberg Mittelburgenland DAC Reserve 2010: Duft: dunkle Beeren, Sauerkirsche, pfeffrige Würze, ätherische Noten; Geschmack: wunderbare Balance von Frucht und Würze, Brombeeren, Schwarzkirschen, Kräuter, Kaffee, schwarzer Pfeffer, kühle Minze und Eukalyptus. Mineralisch fein und elegant, extraktreich und kraftvoll.
- Blaufränkisch Goldberg Mittelburgenland DAC Reserve 2010: Duft: kräftige Nase, Brombeeren, Kaffee, frische Orangenzesten, Kräuter, etwas Lakritze, mineralische Graphitnoten; Geschmack: kräftig, vollmundig, samtig – mit dem Aroma von Brombeermarmelade, süßem Lakritz, dunkler Schokolade, Kräutern, dunkel wie ein Tannenwald, saftige Säure. Gute Struktur, Kraft und Wärme.
- Zion 2009: Duft: komplex, dunkles Beerenkonfit, zart floral, würzig nach Mokka, Darjeeling, leicht rauchig; Geschmack: rote Johannisbeeren, dunkle Kirsche, dezent nach Schokolade und Kaffee, wunderbare Extraktsüße. Seidige Tannine, saftige Säure, langer Nachhall! Cuvée von Blaufränkisch, Zweigelt, Merlot, Cabernet Sauvignon, 20 Monate Reife im gebrauchten Barrique.
- La Mission 2009 Grand Vin: Le Grand Vin du Château Ernst! Duft: dunkle Beeren, Brombeerkonfit, Cassis, zarte Kräuterwürze, Nougat, dezent rauchig; Geschmack: vielschichtig, mit dunkler Frucht, Kräuterwürze, schokoladige Noten. Kraftvoll, feine Tannine, wärmt den Mund und das Herz, langer mineralischer Nachhall. Klassische Bordeaux-Cuvée von Cabernet Sauvignon und Merlot, 40 Monate Reife im gebrauchten Barrique – hervorragendes Reifepotential.
– 91 Falstaff-Punkte
– 5/5 Gläser (Österreichs beste Rotweine) Österreich-Rotweinguide 2012
Thomas Schwarz vom Weingut Kloster am Spitz im Neusiedlersee-Hügelland schenkte uns diese Weine ein:
- Muschelkalk 2011 (Chardonnay/Weißburgunder): Schmelziger Weißwein aus 70 % Chardonnay und 30% Weißburgunder, in 500l- und 1300l-Eichfässern spontan vergoren und gelagert. Duft: vollreife Birnen, Quittengelee, Anis, Fenchel, Muskatnuss, Marillenröster; am Gaumen cremig und voll, mit herrlichem Schmelz und unterlegt mit salzigen, mineralischen Noten. Ein universeller Speisenbegleiter zu Meeresfrüchten, Geflügel, hellem Fleisch und milden, jungen Käsen.
- Blaufränkisch Leithaberg DAC 2009/2010: Perfekter Einstieg in die Weinwelt von Thomas Schwarz. Duft: dunkle Aromen von Tanne, Wacholder und Lorbeer gepaart mit Sauerkirsche, Heidelbeere, Orangenzesten und zarte Kräuteranklänge; Geschmack: Schwarzkirsche, Heidelbeere, dunkle Schokolade, Kräuter, elegante Mineralität, abgerundet durch samtige Tannine und saftige Säure. Großartiges Preis-Leistungsverhältnis!
– 94 Punkte Falstaff-Rotweinguide 2012. - Antonius 2009 (Cabernet Sauvignon/Merlot/Syrah): Duft: vielschichtig, warm und pikant nach Holundergelee, Schwarzkirschen und Brombeeren, dunkle Schokolade, Lorbeer, Wacholder, Curry, zart rauchig-steinig. Am Gaumen warm, stoffig, komplex mit viel Druck – schmeckt nach Brombeerkonfit, Holunder, Schwarzkirsche, Chili, mit samtigen Tanninen und rauchig-mineralischem Nachhall. Elegant und feurig, mit großer Zukunft!
– 93 Punkte Falstaff-Rotweinguide 2012
– 18/20 Punkte Gault Millau Österreich 2013 - Blaufränkisch Eisner 2009: Großer Single Vineyard Blaufränkisch von über 50-jährigen Reben aus der kühlsten Lage von Thomas Schwarz. Duft: vielschichtig, eher kühle Aromatik mit dunklen Kirschen, weißem Pfeffer, Wacholder, Oregano, zart nach Graphit, Stein und Leder. Geschmack: am Gaumen kühl und schlank, dunkle Aromatik von Brombeeren, Heidelbeeren, weißer Pfeffer, kräftige Würze, elegante Mineralik (nasser Steinweg). Kräftig und schlank zugleich, tiefgründig und dunkel – ein großer Wein mit ebenso großer Zukunft!
– 93 Punkte Falstaff-Rotweinguide 2012 - Blaufränkisch Rohrwolf 2009: Großer Single Vineyard Blaufränkisch von über 45-jährigen Reben aus der heißesten Lage von Thomas Schwarz. Duft: intensive Noten von Kirschen, Kräutern, Schokolade, Lavendel, zart vegetabil, mit der Wärme von Chili. Geschmack: am Gaumen warm und kühl zugleich, erinnert an dunkle Schokolade mit Chili, Brombeeren, saftige Sauerkirschen, extraktsüß mit kühlen mineralischen Noten. Tiefgründig, groß, mit einer langen Zukunft vor sich!
– 93 Punkte Falstaff-Rotweinguide 2012
– 18/20 Punkte Gault Millau Österreich 2013 - Vindemia No. 7: Likörwein vom Blaufränkisch – unbedingt probieren! Dunkle Schokolade, Zigarren und lange Winternächte sind seine liebsten Spielkameraden – er ist aber auch der ideale Begleiter zu Desserts oder zu gereiftem Hartkäse. Duft: verlockend süßes Holundergelee mit zart rauchigen Noten; Geschmack: Schwarztee, Gewürznelken, kraftvolles Wechselspiel von Süße und Alkohol, langer Nachhall.
Stefan Ott war höchstpersönlich vom Weingut Ott gekommen, das liegt im Carnuntum. Der doppelte Ott: das österreichische Weingut Ott ist nicht zu verwechseln mit der französischen Domaine Ott in der Provence. Beide Winzer bieten unstrittig absolute Top-Qualitäten, beide finden sich auf den Weinkarten der besten Restaurants der Welt. Doch sie haben nichts miteinander zu tun. Wir probierten:
- Chardonnay Reserve 2011: Duft: zart fruchtig und nussig; Geschmack: herrlich schmelzig, exotische Frucht, leichte Nuss- und Röstaromen, mittlere Säure. Hervorragender Essensbegleiter vor allem zur würzigen und asiatischen Küche!
- Zweigelt Rubin Carnuntum 2010: Duft: dunkle Kirschen, Pflaumen, Holunderkonfitüre, zarte Gewürznoten; Geschmack: sehr kraftvoll, dunkle Kirsche, Pflaumenmus, lebendige Säure, kräftiges Tannin. Gutes Lager- und Entwicklungspotential.
- Pinot Noir „Pas de Deux“ 2009: Duft: reife rote Beeren, vor allem Himbeeren, Zimtpflaumen, Zitronenabrieb, Kräuter, zart nach Kakao, leicht rauchig; Geschmack: Himbeermarmelade, Kräuter, angenehm frisch wie Zitruszesten, leicht rauchig, süßer Kakao und Milchschokolade im Nachhall – Pinot, der einfach nur Spaß macht!
- Merlot Reserve 2006 / 2009: Duft: elegant, blumig, fruchtig; Geschmack: typische Cassis-Aromen, Noten von Bitterschokolade. Samtig, rund, kraftvoll – ein Merlot zum Reinlegen! (22 Monate im Barrique gereift)
– 91 Punkte Wein-Plus Deutschland 02/08
– 87 Punkte Falstaff-Rotweinguide 2009 - Notturno 2005 (Syrah/Cabernet Sauvignon/Merlot): Duft: vielschichtige Aromen, intensiver Duft von schwarzen Oliven (Tapenade noire), Herzkirschen, weißem Pfeffer; Geschmack: am Gaumen äußerst kraftvoll, würzige Frucht, zarte Röstaromen – Frucht, Struktur und Feuer in wunderbarer Harmonie! Wir empfehlen diesen körperreichen Rotwein zu Schmorgerichten (z.B. Daube provencale, geschmorte Rinderbäckchen in Portweinsauce). (28 Monate im Barrique gereift)
– 89 Punkte Falstaff-Rotweinguide 2009
– 4 Sterne Gold Selection Deutschland 1/2010 - Chardonnay Beerenauslese 2006: Duft: elegant, fruchtig nach Honigmelone; am Gaumen harmonisches Wechselspiel zwischen fruchtiger Süße von Honigmelone und feiner Säure. Vielschichtiger Genuss – für besondere Anlässe und festliche Menüs.
Alles in allem eine sehr gelungene Degustation, die Weine haben fast ausnahmslos grossen Spaß gemacht.