Verschlossene Tore. Gitter, Ketten. Abgedeckte Drehkreuze. Hinter mir die Allianz Arena. Das Stadion des Deutschen Meisters. Das Stadion des aktuellen Pokalsiegers. Das Stadion des Champions League Gewinners. Ja genau, ich komme aus dem Stadion des Triple Gewinners. Und ich will RAUS. Doch alles ist zu. Was für Fans von Bayern München ein Traum sein dürfte, ist für mich eher ein Albtraum. Was will ich hier? Ich will heim. Das Stadion ist mir fremd. Hinter mir hatten sich die Türen und Tore geschlossen. Die Tür, aus der ich aus dem Aufzug herauskam, würde ich jetzt bei der Menge an gleich aussehenden Türen nicht wiederfinden. Doch vor mir nur Gitter, Gatter, Tore. Und alles verschlossen. Und meine Blase kurz vorm Zerbersten.
Doch wie kam es dazu? Wir hatten heute ein Treffen der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ). In diesem Verband sind ausschließlich anerkannte Reisejournalisten sowie die Partner von der Unternehmensseite, sei es aus PR-Agenturen oder von Reiseveranstaltern, Hotelunternehmen oder Destinationen.Die Allianz Arena war Ort unser diesjähriges Treffen im Süden Deutschlands.
Ich hatte heute die Bayern Event Arena kennengelernt, ging an den diversen Pokalen, die der FC Bayern in den letzten Jahrzehnten gewonnen hatte, vorbei. Eine Videoshow präsentierte uns die diversen Erfolge. Der emotionale Film mit Kurzinterviews und Zitaten von Thomas Müller, Philip Lahm, Bastian Schweinsteiger, Karl-Heinz Rummenigge, Sepp Maier und anderen mehr- oder weniger bekannten Spielern des derzeit erfolgreichsten deutschen Fußballvereins.
Zwar ist der FC Bayern nicht wirklich der erfolgreichste Deutsche Meister – das sind nach wie vor die Wasserballfreunde Spandau 04 – doch sind sie wohl international wie auch national am bekanntesten. Sie haben eben eine erfolgreiche PR, einen erfolgreichen Vorstand, Manager und Trainer sowie sehr selbstverliebte Protagonisten, die wissen, wie man die Millionen scheffelt – und wo man sie am besten anlegt.
Naturgemäß kommt heutzutage nach einem Museum ein fast ebensogroßer Shop-Bereich. Hier wird auch wirklich jeder letzte Kram mit einem Logo des FC Bayern versehen und verkauft. Jede Form von Anziehklamotten kann dann nach der Kasse noch individualisiert beflockt werden. Der Name des favorisierten Bayern-Spielers mit seiner Nummer? Kein Problem. Der eigene Name mit einer Wunschnummer? Auch kein Problem. Alles nur eine Frage des Geldes. Merchandising galore…
Anschliessend führte uns ein Guide durch das Fußballstadion, das von den Architekten Herzog-De Meuron rechtzeitig vor der Fußball-WM 2006 in Münchens Norden direkt an die Autobahn A9 hingestellt wurde. Seitdem ist das Olympiastadion eine Event-Arena, die Allianz Arena ist das Fußballstadion. Denn auch Münchens zweiter Verein, der TSV 1860 München, spielt hier. Nunja, sie versuchen zumindest hin und wieder erfolgreich Fußball zu spielen. Derzeit weiß ich allerdings nicht, ob die Spieler noch deutsche oder schon arabische Namen tragen…
Wir durchquerten die Katakomben, schauten der U19 des FC Bayern München beim Training auf dem „Heiligen Rasen“ zu, besichtigten die Umkleidekabinen der „Löwen“, sassen auf den Presse- und VIP-Plätzen, die edel in Leder ausstaffiert sind, wie auch auf den billigen Plätzen in der obersten Etage, die nur simple Kunststoffhartschalensitze sind. Als wir die seltene Möglichkeit bekamen, am Rande des Fußballplatzes uns für ein schönes Gruppenfoto auf die Trainerbank zu setzen, nutzte ich die Gelegenheit und berührte das edle Grün. Zumindest einmal kurz berührt – während ein Lothar Matthäus nach Aussage von Ulli Hoeneß ja hier niemals noch nicht mal Greenkeeper werden dürfte. Unbestätigten Gerüchten zufolge hat sich anschliessend einer aus der Gruppe mit einem herumliegenden „Stöpsler“ sein Stück Bayernrasen herausgestochen… =;)
Mit einem hervorragenden Essen in einer Event Lounge klang der Abend aus. Diese Event Lounge liegt auf der Etage, in der alle Business-Loungen der diversen Unternehmen, die sich hier jährlich für viel Geld ihren Incentive-Bereich leisten. Sie liegt allerdings nicht zur Arena nach innen hin, sondern schaut nach aussen durch die dünne Außenhaut hinaus. Frisch und modern in weiß-grün eingerichtet, ist sie ein wohltuender Lichtblick in all den knallroten Bereichen. Sie steht allen Besuchern der Lounge-Etage gemeinsam zur Verfügung.
Doch wollte ich dann auch mal wieder heimgehen. Ich folgte ein paar Kollegen, die in Richtung Parkhaus gingen, zum Aufzug. Dort stieg ich in der Etage, die im Aufzug mit U-Bahn gekennzeichnet ist, aus. Ich verliess den Lift, ging durch eine Tür nach außen – und stellte fest, dass alle Zugangsbereiche um mich herum verschlossen waren. Links von mir sah ich Drehkreuze, an denen ein grünes Licht leuchtete. Diese sind also offen. Doch trennte mich von denen ein großer, langer, mobiler Zaun, der quer über den Eingangsbereich gespannt war. Dieser mobile Zaun hatte zwar eine Tür, doch war auch diese nicht zu öffnen. Ich musste überlegen, wie ich jetzt herauskomme. Überall Videokameras, in der Allianz Arena immer noch an einigen Stellen Licht. Ich war also nicht ganz alleine, ein paar Kollegen waren ja auch noch oben. Doch wusste ich nicht, wann und wo die herauskommen würden. Sieht mich jemand vom Security Personal auf seinem Videoschirm? Bei diesem dezenten Streß meldete sich auch noch meine Blase. So kann ich nicht denken… Also erleichterte ich mich erstmal gegen den mobilen Zaun. Auch mit dem Hintergedanken, dass jetzt jemand von den Security Leuten ankommen würde und mich Wildpiesler freundlich hinausbegleiten würde. Das wäre ja mein Ziel. Doch nichts davon. Ich versuchte nochmal an der Tür des mobilen Zauns zu rütteln, als ich feststellte, dass durch das Rütteln der ganze Zaun leicht wackelte. Mit etwas Druck bewegte sich der Zaun sogar. Ok, dann mal los. Ich drückte kräftig gegen die Tür – und schaffte ein paar Zentimeter, den Zaun zu verschieben. Es entstand ein Spalt, nur wenige Zentimeter groß zwischen der Tür und dem Betonbau der Allianz Arena. Geil! Weiter! Mit Schwung, mit Kraft und mehreren Schüben gelang es mir endlich, den Spalt so zu erweitern, dass ich hindurchpasste. Geschafft!
Jetzt war es ein Leichtes, zum Drehkreuz zu gehen, dort das Gelände der Allianz Arena endlich zu verlassen und zum U-Bahnhof zu gehen. Ein schöner Abend ging noch mit einer kleinen spektakulären Aktion zu Ende. Nur sollten sich ein paar Verantwortliche in der Allianz Arena, beim FC Bayern oder bei Arena One mal Gedanken machen, was bei einem Feueralarm passieren würde? Ob das Sinn der Sache ist, dass man sich in dem Gewirr von Auf- und Abgängen so verlaufen kann, dass man in einem Bereich landet, aus dem es keinen Ausgang mehr gibt.
Den Organisatoren dieses Abends gilt mein Dank!