Was ist das für eine Mischung? Irgendwie sieht es komisch aus. So brüchig, so unterschiedlich strukturiert, so dezent bräunlich und zwischendurch eher orange… – was mag das sein? Es riecht auch so unbekannt. An was mag es erinnern? An einen Waldboden? An eine Kräuterwiese? An ein Getränk? Richtig, hier in den Händen liegt das Wichtigste, was den Averna ausmacht. Dieser italienische Kräuterlikör besteht aus genau dieser Mischung. Nicht mehr und nicht weniger.
Auf der Suche nach den Geheimnissen, den Inhalten, den Zusatzstoffen dieses in Deutschland so beliebten Kräuterlikörs war ich kürzlich auf Sizilien. Hier, aus dem kleinen unscheinbaren Städtchen Caltanisetta kommt der Averna – und wird mittlerweile fast weltweit getrunken. Der Amaro Siciliano, wie der Bitter auch genannt wird, wird seit 1868 nach einem Geheimrezept der Familie Averna hergestellt.
Nach dem Vorname des ersten Sprößlings der Familie Averna, der 1854 aus der Hand eines Benediktinermönches das Rezept für einen Amaro erhielt, hatte ich ja hier schon gefragt.
Als einer der weltweit letzten Vertreter seiner Art ist der Averna auch wirklich noch ein Familiengetränk, ein Familienunternehmen. Bereits fünf Generationen lang wird das Rezept gehütet im Familienkreis, nur maximal vier Familienmitglieder dürfen es wissen. Selbst die angeheirateten Mitglieder, wie etwa die Marketingchefin, wissen das Rezept nicht.
Inhaltsstoffe und Herstellungsprozess sind seit jeher ein streng gehütetes Geheimnis der Familie Averna. Ich konnte zumindest erfahren, dass der Amaro Averna aus bis zu 80 verschiedenen Kräutern, Wurzeln, Rinden, Beeren und Zitrusschalen hergestellt wird. Auf jegliche Zugabe von Additiven wie Essenzen und Extrakte wird strikt verzichtet. Der Averna ist also ein rein biologisches Produkt! Gesund! Medizin! Hier finden sich – laut Auskunft der Familie – keine Zusatzstoffe, keine Geschmacksverstärker. Denn, so das Familienoberhaupt zu mir: Auf der Flasche steht unser Name. Wir sind stolz auf den Namen. Und wir möchten unserer Tradition treu bleiben.
Um die Qualität aller Inhaltsstoffe zu prüfen, zu testen beherbergt der Firmensitz ein umfangreiches Chemielabor. Hier werden alle Lieferungen einem Qualitätscheck unterzogen, ob nicht doch chemische Stoffe, Pflanzenschutzgifte etc in den Chargen sind. Denn die Kräutern, Wurzeln, Rinden, Beeren und Zitrusschalen stammen aus der ganzen Welt, werden überall eingekauft. Naturbelassenheit ist oberste Prämisse.
Erst nachdem die Rohstoffe die Kontrollen bestanden haben werden sie geschnitten, in Mörsern zerkleinert oder zerstäubt, damit sie ihre Eigenschaften, ihren Geschmack und ihren Duft entfalten können.
In der nächsten Phase, der Infusion, ruhen die präzise dosierten und vermengten Substanzen für 30 bis 40 Tage in reinem Alkohol. Dem Infus, der mindestens drei Mal täglich gefiltert wird, werden dann Zuckersirup und gebrannter Zucker beigemischt, um so noch mehr Geschmack, Farbe und den richtigen Alkoholgehalt zu erzielen.
Anschließend lagert der Averna für zwei Monate im Keller und wird regelmäßig kontrolliert. Erst dann ist er fertig und bereit, in Flachen abgefüllt die Fabrik in Caltanissetta zu verlassen. Auf dem Weg zu unzähligen Bestimmungsorten in – und außerhalb von Italien.
Mehr über die Reise ein anderes Mal an dieser Stelle.